Wer heutzutage im Bereich Prozessmanagement oder Geschäftsoptimierung tätig ist, stolpert immer häufiger über den Begriff “Process Mining”. Klingt erst einmal nach einem Buzzword. Vielleicht irgendwas mit Data Mining? Ist das am Ende eher etwas für die IT-Abteilung? Man kümmert sich doch um Prozesse, nicht um Daten, oder?

Ja und Nein.

Diesen (Miss-)Verständnissen zu “Process Mining” wollen wir einmal auf den Grund gehen. Dieser Artikel hilft Ihnen zu verstehen, was Process Mining ist, wie Sie es nutzen und im Zusammenspiel mit dem klassischen Geschäftsprozessmanagement einsetzen.

Was ist Process Mining?

Process Mining ist zunächst einmal die Visualisierung und Analyse von Event-Logs mit Hilfe von Algorithmen und mathematischen Verfahren. Event-Logs sind das Protokoll IT-basierter Prozesse. Sie listen die Events – einzelne Aktivitäten im IT-System – zusammen mit ihren Attributen auf.

Typische Attribute sind die Case-ID, die Zeitstempel des Start- und Endzeitpunkts sowie weitere vom System abhängige Attribute des Events, beispielsweise der Bearbeiter oder der Standort. Ein Event-Log bildet somit einen oder mehrere Geschäftsprozesse ganzheitlich von Anfang bis Ende ab. Methoden des Process Minings sind “Process Discovery”, “Conformance Checking” und “Model Enhancement”.

Process Discovery

Process Discovery beschreibt die datenbasierte Visualisierung eines Prozesses. Das Modell wird dabei in der Regel automatisch aus den zur Verfügung stehenden Daten der Event-Logs generiert. Die visuelle Darstellung des entdeckten Modells ist meist ein sogenannter Direct Follower Graph:

Der Direct Follower Graph kann bei Bedarf auch in ein BPMN-Modell umgewandelt werden, also eine abstrahierte Abbildung des idealen Prozessablaufs. Primäres Ziel der Process Discovery ist die Schaffung von Transparenz und das Erlangen von tiefgreifenden Einblicken über den Prozessablauf.

Conformance Checking

Conformance Checking vergleicht Event-Logs mit einem bestehenden Referenzmodell (Soll-Modell) des gleichen Prozesses. Dieser Vergleich bestimmt die Übereinstimmung zwischen Soll-Prozess und dem gelebten Prozess (Ist-Prozess). Das macht sogar übersprungene oder hinzugefügte Prozessschritte und -pfade sichtbar:

Mit Hilfe des Conformance Checking prüfen Sie die Einhaltung der vorgegeben Arbeitsabläufe und der rechtlichen oder unternehmensinternen Rahmenbedingungen. Damit sichern Sie die Compliance des gesamten Prozessablaufs.

Model Enhancement

Währenddessen beschreibt Model Enhancement die Analyse des Prozessmodells nach Optimierungspotentialen. Hierbei sind vor allem hohe Bearbeitungs- oder Liegezeiten relevante Indikatoren. Damit ergründen Sie Engpässe oder nicht vorgesehene Prozessverläufe. Dies bietet eine Grundlage für die weitere Optimierung.

Zielsetzung von Model Enhancement ist die Optimierung des Prozessmodells und damit des zugrundeliegenden Prozesses. Allerdings gilt es diesen Prozess noch umzusetzen, damit er zum neuen optimierten Ist-Prozess wird.

Wie passt das zum Geschäftsprozessmanagement?

Klassisches Geschäftsprozessmanagement folgt in der Regel dem Prozessmanagementlebenszyklus. Das bedeutet, dass zunächst eine Prozessstrategie für das Unternehmen vorliegen muss. Die Strategie lehnt sich dabei an die allgemeine Unternehmensstrategie an.

Daran schließt sich die Dokumentation der aktuell gelebten Prozesse an. Bei der Dokumentation der Prozesse hilft nun Process Mining, welches die Systemprozesse aus den Log-Dateien generiert. Mitarbeiterinterviews und manuelle Prozessmodellierung gehören dadurch der Vergangenheit an.

Ein weiterer Vorteil ist, dass die Generierung die Prozesse immer auf der gleichen Detailebene modelliert. Unterschiede in den Ebenen rühren bei händischer Modellierung und Befragungen häufig daher, dass ein Mitarbeiter “Antrag ausfüllen” als eine Aktivität auffasst und ein anderer die Aktivität in kleine Prozessschritte wie “Feld 1 ausfüllen”, “Feld 2 ausfüllen” etc. unterteilt.

Prozessoptimierung

Die dokumentierten Prozesse werden dann anhand der definierten Prozessstrategie optimiert. Da für die Optimierung Analysen notwendig sind, ist Process Mining auch hier eine sinnvolle Unterstützung. Process-Mining-Tools automatisieren einen Großteil der Analyseschritte. Dadurch steigt die Effizienz der Analysen und weniger Zeit und Ressourcen sind nötig.

Prozessimplementation

Die optimierten Prozesse werden in der nächsten Phase in die bisherige Prozesslandschaft des Unternehmens eingeführt und umgesetzt. In Folge der Umsetzung führen Mitarbeiter die Prozesse durch, wodurch das Process-Mining-Tool die Performance der Prozesse erfasst.

Anschließend muss lediglich die Auswertung der ersten Event-Logs mit der Auswertung der neuen Event-Logs verglichen werden. Sie müssen also nicht bei jedem Controlling-Durchlauf aufwendig Kennzahlen messen und errechnen. Das System analysiert die Daten, sobald Event-Logs importiert wurden.

Prozessmanagementlebenszyklus

Unternehmen nutzen die erfassten Performance-Daten und Kennzahlen in der letzten Phase des Zyklus, um zu überprüfen, ob Richtwerte eingehalten werden oder ob es Engpässe und damit Optimierungspotentiale gibt. Zusätzlich prüft das Conformance Checking in dieser Phase, ob die Prozesse weiterhin der Conformance entsprechend ablaufen.

Fazit

Es wird also deutlich, dass Process Mining sich sehr gut in den bestehenden Prozessmanagementlebenszyklus integrieren lässt. Process Mining vereinfacht und beschleunigt die Dokumentation der Prozesse, die Prozessoptimierung und das Prozesscontrolling. Dadurch bleibt mehr Zeit für die Kernaktivitäten des Unternehmens.

Darüber hinaus sind für die Zukunft viele weitere Funktionalitäten für die Prozessanalyse mittels Process Mining denkbar. Beispielsweise das Vorhersagen von Abweichungen und Engpässen basierend auf Altdaten, oder sogar die automatisierte Prozesskorrektur mit Hilfe von Machine Learning.

Zum Autor

Jonny Ehrich ist Marketing & Content Manager bei Lana Labs GmbH. Seine Expertise bringt er in regelmäßigen Abständen im Unternehmensblog des Process Mining Startups ein.

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