Sie sind als Managementberater (Markus Starke Management Consulting) seit einigen Jahren auch im Bereich Process Mining aktiv. Vor kurzem haben Sie ein Statement zu Process Mining für Industry-of-Things gegeben und eine Ihrer Aussagen wollen wir heute mit 5 Fragen weiter vertiefen:

„Obwohl sich bereits zahlreiche Anbieter mit sehr fortgeschrittenen Lösungen und starkem Wachstum am Markt etabliert haben, werden die Möglichkeiten des Einsatzes von Process Mining bislang von der Wirtschaft weniger stark wahrgenommen als zum Beispiel die von Robotic Process Automation/RPA.“ – Markus Starke

Wie würden Sie dem Inhaber eines schwäbischen Mittelständlers „Process Mining“ erklären?

Markus Starke: Die meisten Prozesse, die in einem Unternehmen stattfinden, werden heute mindestens teilweise von IT-Systemen unterstützt, egal ob im Personalbereich, im Marketing oder in der Produktion. Viele dieser IT-Systeme speichern Aktivitätsdaten, also Informationen, wann welche Aktivitäten stattgefunden haben – die sogenannten Event Logs (dt. Ereignisprotokoll). Auf Basis dieser Event Logs aus einzelnen oder mehreren Systemen können reale Prozessabläufe rekonstruiert werden. Unter der Voraussetzung, dass man die Prozesse eindeutig identifizieren kann, können Prozesse damit wesentlich detaillierter betrachtet werden als mit herkömmlichen Analyse- und Controlling-Ansätzen. Die Kernanwendungen sind die sogenannte Process Discovery, also das grundlegende Verstehen von Prozessabläufen, Variationen, Abhängigkeiten etc., sowie die darauf aufbauende Prozessverbesserungen, regelmäßiges Process Monitoring und Process Compliance (Prüfung der Ist-Abläufe gegenüber Soll-Vorgaben).

Würden Sie ihm zur Einführung raten?

Markus Starke: Wie bei jedem neuen System oder Projekt sollte auch bei Process Mining die Sinnhaftigkeit individuell geprüft werden. Process Mining kann bei IT-gestützten Prozessen das Wissen über die realen Prozessabläufe wesentlich verbessern und dadurch erhebliches Verbesserungspotenzial aufdecken. Allerdings muss gerade auch in Deutschland beachtet werden, dass die damit einhergehende Transparenz zu teilweise berechtigtem Widerstand der Mitarbeiter führen kann. Hier würde ich empfehlen, genau abzugleichen, welche Daten zu welchem Zweck erhoben und genutzt werden. Insgesamt ist es gerade bei Mittelständlern – die pro Prozess normalerweise geringere Durchlaufzahlen haben als Konzerne – sinnvoll, sich nicht direkt auf die größten und komplexesten Prozesse zu stürzen, sondern sich auf eine kleine Anzahl Kernprozesse und Systeme mit wesentlicher Bedeutung fürs Unternehmen zu konzentrieren.

Was sollte er bei der Umsetzung beachten?

Markus Starke: Entscheidend ist eine sinnvolle Zielsetzung und konkrete Fragestellungen. Welche Prozesse und Systeme sollen betrachtet werden, welche nicht? Was soll erreicht werden? Geht es darum, den Prozess erstmal grundlegend zu verstehen, soll die Einhaltung rechtlicher Vorgaben überprüft werden oder soll gleich ein tägliches Monitoring eingeführt werden? Je nach vorhandenem Knowhow wird bereits an dieser Stelle externe Unterstützung notwendig sein. Ein passender Process Mining-Anbieter muss ausgewählt werden, aber am wichtigsten bei der Umsetzung sind fachliche Kenntnisse zu dem ausgewählten Prozess sowie die methodischen und technischen Process Mining-Fähigkeiten. Die Unterstützung durch die unternehmenseigene IT, prozessspezifische Bestätigung zur Nutzung der Daten sowie auch ein starkes Projektmanagement, ggf. mit Unterstützung der Geschäftsführung sind weitere wichtige Erfolgsfaktoren. Eine initiale Pilotierung ist hilfreich und empfehlenswert, um die Machbarkeit zu bestätigen und eventuell Zielsetzungen und Vorgehensweise nochmal anzupassen.

Hinweis: Wenn Sie mehr über Process Mining erfahren möchten, kontaktieren Sie Herrn Starke für ein unverbindliches Gespräch über starkeconsulting.net oder Xing

Wer sind die wichtigsten Player im Bereich „Process Mining“?

Markus Starke: In den letzten Jahren ist der Markt für Process Mining und somit auch die Anzahl Anbieter stark gewachsen. Der Bekannteste ist sicherlich Celonis. Es gibt aber eine ganze Reihe weiterer Anbieter, die sehr fortgeschrittene Lösungenentwickelt haben und sich je nach Anwendungszweck genauso oder besser eignen. Lana Labs, Process Analytics Factory/PAF, ProcessGold oder QPR z.B. konzentrieren sich u.a. auf die Anbindung mit ETL-Tools, Integrationen mit Lösungen wie Microsoft Power BI oder Soll-/Ist-Abgleiche und automatisierte Ursachenanalysen. Fluxicon Disco ist wiederum eine Lösung, die besonders in der sehr detaillierten Analyse einzelner Prozesse ihre Stärken ausspielen kann. Zusätzlich hat Fluxicon eine große Community aufgebaut, die sich jährlich beim Process Mining Camp in Eindhoven austauscht. Andere Anbieter wie z.B. Signavio integrieren Process Mining stark mit weiteren Systemen und Funktionen in eigenen Business Process Management-Tools.

Wird sich die Wahrnehmung von Process Mining am Markt ändern?

Markus Starke: Tatsächlich habe ich den Eindruck, dass Process Mining etwas mehr Redeanteil erhält als noch vor einem Jahr. Ein Faktor könnte sein, dass die RPA-Welle sich etwas zu beruhigen scheint – viele Unternehmen haben nun laufende RPA-Initiativen und stoßen hier auf Hürden und Schwierigkeiten, die den Enthusiasmus etwas gebremst haben. Celonis veranstaltet im April eine große Konferenz zum Thema Process Mining in München undverstärkt wird auch von Intelligent Process Automation als übergreifendem Konzept gesprochen, in dem ebenfalls Process Mining einen Anwendungszweck finden kann. Entscheidend für die weitere Entwicklung wird aus meiner Sicht sein, ob die Anbieter die Datenintegration und Nutzung der Systeme weiter vereinfachen können und somit die von Kunden wahrgenommenen Einführungskosten und -hürden gesenkt werden können.

Vielen Dank Herr Starke für den Überblick und Ihre Meinung zu Process Mining. Wir wünschen Ihnen weiterhin viel Erfolg und spannende Projekte!