In vielen Unternehmen existiert die reale Welt – und völlig losgelöst davon die Managementsystem-Dokumentation. Durch die große Lücke zwischen Dokumentation und Realität geht ihr unternehmerischer Nutzen oft gegen null, ebenso wie Akzeptanz und Zugriffszahlen. Anders ist das bei Interaktiven Managementsystemen: Mithilfe moderner Social Media-Prinzipien ermöglichen sie es allen Mitarbeitern, Beschlüsse in Echtzeit zu dokumentieren und sorgen damit für einen echten Mehrwert im Arbeitsalltag. Reales Business und Managementsystem verschmelzen in einem gemeinsamen Führungs-, Informations- und Kommunikationsportal für das gesamte Team. Auch der Münchener Dienstleister für Reha-Management RehaCare GmbH nutzt seit Mitte 2019 ein solches Managementsystem. Das erklärte Ziel: den höchsten Reifegrad der Interaktivität erreichen.

Dezentral und in Echtzeit: Interaktive Managementsysteme

Interaktive Managementsysteme grenzen sich stark von klassischer Managementsystem-Dokumentation ab. Die drei Prinzipien Interaktiver Managementsysteme sind:

  1. die zeitliche Synchronität zwischen Beschluss und Dokumentation
  2. die dezentrale Gestaltung des Systems durch die Entscheider und Wissensträger selbst
  3. die Integration in den Arbeitsalltag aller Mitarbeiter

Diese Prinzipien kombiniert mit einer nutzerfreundlichen Technologie lassen die Managementsystem-Dokumentation zum Kommunikationskanal für Führungsimpulse, Best Practices und organisatorisches Wissen werden. Die Möglichkeit, die Prozesse im Unternehmen aktiv mitzugestalten, führt darüber hinaus zu einer besonders hohen Akzeptanz der Vorgaben.

Die sieben Reifegrade der Managementsystem-Dokumentation

Wie interaktiv ein Managementsystem ist, lässt sich in der Praxis anhand eines neuen Reifegradmodells beurteilen. Entwickelt hat das Konzept das Software- und Beratungshaus Modell Aachen GmbH in Anlehnung an gängige Prozessreifegradbewertungen wie Automotive SPICE. Gemeinsam mit Unternehmen jeder Branche und Größe bewerten die Aachener Experten für Interaktive Managementsysteme den Reifegrad eines Systems und optimieren diesen – so auch bei RehaCare. 

Gestartet ist die Gesellschaft der medizinischen und beruflichen Rehabilitation in Reifegrad 3: „Erste interaktive Ansätze waren in unserem Managementsystem bereits vorhanden. Was uns noch fehlte, waren praktische Ansätze, um unser System noch interaktiver zu gestalten“, beschreibt Dagmara Werner, Qualitätsmanagerin bei RehaCare, die Ausgangssituation. „Der 5. Reifegrad ist für uns auf jeden Fall ein realistisches Ziel – noch besser wäre natürlich der 6.!“ Doch was genau steckt eigentlich hinter den einzelnen Reifegraden?

Reifegrad 0: Kein dokumentiertes Managementsystem

Besonders in Kleinstunternehmen gibt es häufig keine schriftliche Dokumentation des Managementsystems – Regeln werden vor allem mündlich kommuniziert. Beim heutigen technologischen Stand kann dies für Unternehmen mit weniger als 20 Mitarbeitern die wirtschaftlichste Lösung sein. Bei größeren Organisationen gibt es jedoch einen starken Bedarf nach einer dokumentierten Formalstruktur.

Reifegrad 1: Von zentraler Stelle dokumentiert

Bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts war es durchaus üblich, dass ein einzelner Mitarbeiter das gesamte Regelwerk allein dokumentiert. Von einer zentralen Stelle aus wurden Regeln erarbeitet, an die sich die Belegschaft zu halten hatte – ein Mitdenken oder gar eine Einflussnahme auf die Vorgaben war nicht erwünscht. Diese Form der Dokumentation ist heute eigentlich gar nicht mehr denkbar. Trotzdem gibt es Unternehmen, die sie aufrechterhalten. Dann jedoch meist mit dem alleinigen Ziel, einen Nachweis über das Managementsystem erbringen zu können – zum Beispiel im Zuge externer Zertifizierungen nach ISO 9001.

Reifegrad 2:  Gemeinsam mit zentraler Stelle dokumentiert

Viele Qualitätsmanagement-Beauftragte (QMB) möchten in der  Managementsystem-Dokumentation das reale Geschehen festhalten. Auch hier ist das Ziel meist eine erfolgreiche Zertifizierung, oft aber auch eine verbesserte Prozessqualität. Die Fachabteilungen teilen dieses Interesse typischerweise nicht – für sie ist das dokumentierte Managementsystem mehr ein notwendiges Übel als eine Hilfe im Arbeitsalltag. Entfällt der Druck der Zertifizierung, fallen Managementsysteme in diesem Stadium darum typischerweise in Reifegrad 0 zurück.

Reifegrad 3: Dezentral mit Unterstützung der zentralen Stelle dokumentiert

In diesem Reifegrad dokumentieren die Fachabteilungen das Managementsystem bereits eigenständig, zum Beispiel über definierte Prozessverantwortliche.  Die zentrale Stelle – meist der QMB – unterstützt sie dabei. Zeitlich hinkt die Dokumentation der Realität aber noch immer hinterher. Dennoch erfüllt sie in diesem Reifegrad auch ohne Anspruch auf eine Zertifizierung bereits einen gewissen Zweck, da sie Bestandteil der Führung geworden ist.

Reifegrad 4: Dezentral dokumentiert

In dieser Phase dokumentieren und aktualisieren die Fachabteilungen das Managementsystem vollständig selbstständig. Allerdings sind es fest definierte Personen, die die Dokumentation übernehmen – viele Mitarbeiter bleiben reine Konsumenten. Die zentrale Stelle übernimmt ausschließlich eine moderierende Rolle. In diesem Reifegrad steht es neben der erfolgreichen Zertifizierung im Fokus, Prozesse abzusichern, Anforderungen einzuhalten und Schnittstellen zu klären. Auch hier ist der Zeitversatz zwischen Dokumentation und Realität noch groß.

Reifegrad 5: Dezentral und partizipativ dokumentiert

Der fünfte Reifegrad ist erreicht, sobald viele oder sogar alle Mitarbeiter die Managementsystem-Dokumentation und damit die Formalstruktur mitgestalten. Einziges Manko: Die Dokumentation findet nicht in Echtzeit statt. Das bedeutet, dass es immer noch andere Kommunikationskanäle gibt, die der zentralen Dokumentation vorauseilen; meist ist dies mündliche oder spontane schriftliche Kommunikation.

Reifegrad 6: Dezentral, partizipativ und in Echtzeit dokumentiert

Der letzte Reifegrad ist erreicht und mit ihm das Interaktive Managementsystem! In diesem Stadium sind alle Mitarbeiter in die Gestaltung des Systems eingebunden: Sie sind sowohl Sender als auch Empfänger von Informationen. Die Dokumentation ist die zentrale Kommunikationsplattform für Vorgaben und Vereinbarungen im Unternehmen – Realität und Dokumentation verschmelzen miteinander.

Dank eines funktionierenden soziotechnischen Regelkreises bildet das Interaktive Managementsystem die aktuelle Beschlusslage sowie bestehende Best Practices in Echtzeit ab – es wird zum wertvollen Informationsportal für alle Mitarbeiter.

Interaktive Managementsysteme
Interaktive Managementsysteme unterstützen aktiv den KVP-Prozess.

Managementsysteme: Reifegrad bewerten und entwickeln

Mit dem Reifegradmodell lässt sich die Ist-Situation der eigenen Managementsystem-Dokumentation einfach bewerten. Dazu ist eine grafische Darstellung hilfreich, zum Beispiel eine Prozesslandkarte in Form einer Heatmap: Diese visualisiert mit verschiedenen Farben, in welchem Reifegrad sich bestimmte Prozesse und Unternehmensbereiche befinden. Außerdem gibt sie einen Überblick darüber, wie sich diese im Vergleich zur vorherigen Einschätzung verändert haben.

Die Bewertung erfolgt weitgehend nach subjektiven Kriterien, doch auch die Anzahl lesender und schreibender Zugriffe auf das Managementsystem bietet eine gute Bewertungsgrundlage. Sind diese Zahlen bekannt, ist sogar eine teil-automatisierte Bewertung möglich. Ist der Status eines Managementsystems ermittelt, gilt es, mit geeigneten Maßnahmen die nächste Stufe anzusteuern – und schließlich den gewünschten Reifegrad zu erreichen.

Warum Interaktive Managementsysteme so erfolgreich sind

Bei RehaCare machen sich die ersten Maßnahmen zur Steigerung der Interaktivität bereits bemerkbar. „Unser gesamtes Unternehmen arbeitet deutlich effizienter und wirtschaftlicher, da alle Teammitglieder unsere Prozesse gemeinschaftlich weiterentwickeln“, berichtet Werner. Das Ergebnis: kontinuierlich optimierte Arbeitsabläufe, weniger Fehler und entsprechende Fehlerkosten. „Der Schlüssel zum Erfolg unseres Interaktiven Managementsystems liegt in der Schwarmintelligenz aller Mitarbeiter, die wir in unserem Arbeitsalltag nun immer systematischer nutzen.“

Die Experten für Interaktive Managementsysteme der Modell Aachen GmbH entwickeln das Reifegradmodell kontinuierlich weiter. Unternehmen, die das Modell auf ihr eigenes Managementsystem anwenden, sind herzlich zum digitalen Feedback-Austausch eingeladen!

Autoreninfo zu Dr. Carsten Behrens

Interaktive Managementsystemen gehört die Zukunft - Carsten Behrens
Dr. Carsten Behrens ist Experte und Speaker für agile Managementsysteme. Seit 2009 ist er
Geschäftsführer der Modell Aachen GmbH, eine Transfergesellschaft der RWTH Aachen und des
Fraunhofer IPT. Mit rund 45 Mitarbeitern und über 550 namhaften Kunden ist das Software- und
Beratungsunternehmen mit der Lösung Q.wiki der führende Anbieter Interaktiver
Managementsysteme auf Basis der Wiki-Technologie.

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