Die Digitalisierung hat auch vor dem Bauwesen nicht Halt gemacht und diese Entwicklung kann speziell rund um BIM (Building Information Modeling) beobachtet werden. Aber auch Prozessoptimierungen stehen immer öfter auf der Tagesordnung der Unternehmen, und die Neumodellierung der Prozesse wird häufig durch technologische Lösungen unterstützt. In diesem Artikel gewähren wir Einblick in ein Projekt, welches wir begleiten durften, in dem genau dieses Thema behandelt wurde.
Beispiel Prozessoptimierung – Die Ausgangslage
Die Herausforderung
Der Prozess, der betrachtet wurde, umfasst im Kern die Zeiterfassung auf der Baustelle, also die tatsächlichen Aufwände der Arbeiter vor Ort. Klingt einfach, wird aber sehr schnell kompliziert, wenn man an all die Daten denkt, die damit zusammenhängen. Diese reichen von der Planung der einzelnen Arbeitsschritte, zum Anlegen eines Leistungskatalogs, über die Erfassung von Lieferscheinen bis hin zu den Kostenstellen in der Lohnbuchhaltung, in der am Ende die Aufwände eingespeist und verrechnet werden.
Und das sind nur ein paar Beispiele. Der grundlegende Schmerzpunkt des Unternehmens lag darin, dass sehr viel Information im Laufe der Projektabwicklung, also der Leistungserbringung von der Planung bis zur Verrechnung, verloren ging und immer wieder manuell eingefordert werden musste, weil die einzelnen Prozessabschnitte nicht miteinander verbunden waren. Das bedeutete nicht nur mühselige Arbeit, die zu Unzufriedenheit am Arbeitsplatz führte, sondern auch, dass wertvolle Zeit damit verloren ging, Informationen und Daten einzufordern und an die nächste Abteilung weiterzuleiten.
Der Prozess umfasst diverse Verantwortungsbereiche wie zum Beispiel die Administration, die Personalabteilung, die Montageleitung, Gruppenleiter und Projektleiter. Darüber hinaus war man nach wie vor auf analoge Dokumente angewiesen – umgangssprachlich würde man das System als „Zettelwirtschaft“ bezeichnen. Aufgrund der allgemeinen Unzufriedenheit mit dem IST-Prozess hat man sich dazu entschieden, diesen zu vereinheitlichen indem man die einzelnen Schritte über Schnittstellen miteinander verbindet, um in Echtzeit im gesamten Unternehmen mit den realen Daten arbeiten zu können. Direkt von der Baustelle.
Die Vorgehensweise
Um den neuen optimierten Prozess zu planen, wurde zuerst der IST-Zustand erhoben, um die Problemfelder genau zu analysieren und dementsprechend die richtigen und notwendigen Schritte zu setzen.
Das Resultat dieser Analyse war eine Prozesslandkarte inklusive Dokumentenströme und Informationsflüsse, die den Arbeitsalltag visualisierten. Auf Basis dieses Prozesses wurden Schnittstellen identifiziert und Notwendigkeiten erarbeitet.
Das Fazit: Es soll eine Software programmiert werden, die auf die Kundenbedürfnisse zugeschnitten wird und die es erlaubt, das System mit der Lohnbuchhaltung zu verbinden, um eine nahtlose Datenübertragung zu gewährleisten. Die „Papierlose Baustelle“.
Der Datenschatz
Das Programm umfasst den gesamten Arbeitsablauf und dementsprechend waren viele Daten notwendig, um den Prozess ins Laufen zu bringen. Beginnend bei den Datenblättern der einzelnen Arbeiter auf der Baustelle, über deren Fahr- und Werkzeuge bis hin zum Leistungskatalog, den Arbeitszeiten und Kostenstellen.
Hunderte von Datensätzen mussten dazu erhoben, eingespeist und miteinander verknüpft werden, da es auch sehr viele Abhängigkeiten zwischen den einzelnen Daten gibt. Das Ziel der Datenmigration war es, die manuelle Eingabe neuer Datensätze und neuer Auswahlmöglichkeiten auf ein absolutes Minimum zu reduzieren.
All diese Daten sind das Fundament eines gut funktionierenden Prozesses und werden von uns daher gerne als „Datenschatz“ bezeichnet.
Der Prozess
Da das Unternehmen im Bauwesen tätig ist findet die Leistungserbringung auf der Baustelle statt. Das bedeutet also, dass die realen Daten auch auf der Baustelle entstehen und erfasst werden müssen. Im Vorfeld finden im administrativen Teil der Baustellenvorbereitung natürlich die Angebotslegung, Planung, Disposition und noch viele weitere Schritte statt, die ebenfalls in der Software abgewickelt werden und die die geplanten Aufwände darstellen.
Diese sind über die Synchronisation auf allen Geräten des Unternehmens abrufbar. Speziell in der Baubranche ist es allerdings wichtig als Unternehmen flexibel zu sein, mit anderen Lieferanten und Leistungserbringern zu kooperieren und sich den Gegebenheiten anzupassen, die auf der Baustelle anzutreffen sind. Diese Flexibilität ist ein Qualitätsmerkmal der Unternehmen und daher nicht wegzudenken und auch nicht „wegzuplanen“.
Veränderungsmaßnahmen, Fehler und Unzulänglichkeiten können minimiert, aber nicht eliminiert werden und daher ist die reale Datenerfassung umso wichtiger. Die Arbeiter wurden dazu mit Tablets ausgestattet, auf denen das Datenerfassungsprogramm installiert ist, um die Daten direkt vor Ort einzutragen. Dazu gehören zum Beispiel deren Arbeitszeiten und die Tätigkeiten, die in dieser Zeit erbracht wurden, sowie das Einholen notwendiger Unterschriften, um den Lieferschein bestätigen zu lassen.
Dieser Lieferschein, der die erbrachte Leistung darstellt, erscheint automatisch in der Buchhaltung und Lohnbuchhaltung, sobald die Daten synchronisiert werden. Somit erspart sich die Administration das manuelle Eintippen von Lieferscheinen, die im Regelfall zu spät abgegeben wurden und die Lohnbuchhaltung spart Zeit, weil täglich die kompletten Daten in die Buchhaltung eingespeist und verrechnet werden können. Wichtig ist aber nach wie vor die Möglichkeit, die Daten auch überprüfen und bei Bedarf ergänzen und verändern zu können.
Dazu müssen die Verantwortlichkeiten sorgfältig vergeben werden, um einen geregelten und vor allem korrekten Ablauf zu gewährleisten. Diese erfassten Daten in Kombination mit der lang- und kurzfristigen Planung im Vorfeld werden auch für das Berichtwesen herangezogen, da automatisch Bautagesberichte erstellt werden. Auch die Dokumentation, die an die Bauaufsicht weitergegeben werden muss, kommt direkt aus dem Programm.
Nach der Überprüfung der Daten können diese bestätigt und mit den jeweiligen Schnittstellen synchronisiert werden und der Prozess kann nahtlos weiterlaufen.
Das Resultat
Der Leitsatz dieses Projektes war: „Es soll für alle einfacher werden.“ Natürlich ist die Umsetzung des Projektes ein Mehraufwand für alle Beteiligten. Natürlich ist stundenlange Arbeit damit verbunden; um Daten zu erheben, um den Prozess zu bauen, um die Mitarbeiter zu motivieren, um einen passenden Partner zu finden, um den neuen Ablauf zu verstehen, zu erklären und zu leben.
Die Alltagsarbeit wird dadurch auch nicht weniger. Die Zeitaufwände verschieben sich ganz einfach vom Lieferschein Hinterherlaufen zur Dateneingabe am Tablet, aber das kann über einen längeren Zeitraum geübt und trainiert werden. Eines ist ganz klar: die Qualität der Daten steigt und die administrative Arbeit wird bequemer.