In Bereichen wie der Fertigung ist Prozessautomatisierung laut Ward-Dutton schon lange verbreitet, bei Banken und Versicherungen noch nicht ganz so sehr. Das hänge freilich damit zusammen, dass es in diesen Branchen nicht um die Automatisierung von Fertigungsprozessen geht, sondern um jene von Geschäftsprozessen. Doch gibt es auch im Finanzbereich gibt es Vorreiter und Nachzügler.

Im Bankensektor seien es vor allem große Institute wie Santander, HSBC oder der Deutschen Bank, die bereits Tools beispielsweise für Know Your Customer, Betrugsbekämpfung, Risiko & Compliance sowie das IT-Management nutzen. „Kleine und regionale Banken sind weit weniger fortgeschritten, da gibt es noch viel Papier und XLS-Dateien per E-Mail“, meint Ward-Dutton.

Digitalisierung drängt

Dabei wäre es für Banken und Versicherungen im Zeitalter der Banking-Apps und Online-Abschlüsse wichtig, die Digitalisierung ihrer Prozesse voranzutreiben. „Digitale Kanäle erfordern digitale Prozesse im Hintergrund, sonst ist das nicht gut“, betont der IDC-Analyst. Doch in Europa nutzen ihm zufolge erst 54 % der Unternehmen in Bank- und Versicherungswesen Prozessautomatisierung – meist eher die größeren in den Branchen.

Immerhin, weitere 34 % hätten entweder Pilotprojekte am Laufen oder würden diese zumindest für das kommende Jahr planen. Dennoch, es gibt noch viel Potenzial für Automatisierung, die sich durchaus lohnen kann. Ward-Dutton verweist auf die hohen Kosten, die gerade Banken durch Compliance-Anforderungen entstehen. Hier gibt es offensichtliches Einsparungspotential. „Was man digitalisiert, macht man transparent“, betont der Analyst.

Daten auch verstehen

Denn im Prinzip verstehen Unternehmen oft gar nicht wirklich, was sie wissen – sprich sie sind sich der Aussagekraft ihrer Daten nicht voll bewusst. Prozessautomatisierung und Process Mining, helfen, das zu ändern – und können dabei massive Effekte haben. „Compliance-Leute schauen im Prinzip ein bis zwei Prozent der Zeit, was passiert“, nennt Ward-Dutton ein Beispiel. Geeignete Automatisierung macht Vorgänge 100% der Zeit sichtbar, was beispielsweise im Risikomanagement einen gewaltigen Unterschied macht.

Zudem kann die Prozessautomation Kosten senken, Wenn Institute schneller und günstiger handeln können, ermöglicht das auch neue Geschäftsmöglichkeiten. Ward-Dutton verweist auf das Beispiel der Kreditvergabe: Erst automatisierte Prozesse erlauben es sinnvoll, Kredite auch direkt mit Produkten zu bündeln – ermöglichen dem Institut also, sich ein Stück vom Embedded-Finance-Kuchen zu sichern.

Sinnvolles Low Code

In der Prozessautomatisierung setzen Anbieter wie eben Appian mittlerweile Low Code, auch allgemeiner liegt die Entwicklung ohne große Programmierkenntnisse zunehmend im Trend – da besteht ein „ein gewisser Hype“, so der IDC-Analyst. Aus seiner Sicht hat Low Code aber tatsächlich großes Potenzial.

Denn selbst die absoluten Tech-Riesen wie Google oder Amazon könnten wohl bei gewissen unterstützenden Prozessen auf Low Code setzen. Desto geringer Tech-Fokus und Größe eines Unternehmens, desto größer ist laut Ward-Dutton die Zahl der Anwendungsbereiche, in denen das sinnvoller erscheint als der Aufwand klassischen Codings. Bei einer keinen Regionalbank sei Low Code wohl für alles außer der Kernbankenplattform eine Option.

Realistische Nachhaltigkeit

Mittels Low Code erstellte Anwendungen könnten zwar nicht so energieeffizient ausfallen wie in einer geeigneten Programmiersprache erstellter Expertencode. Doch das ist graue Theorie, denn in der Praxis ist Low Code oft ein probates Mittel, relativ günstig zumindest etwas grüner zu werden statt in Sachen Nachhaltigkeit nicht vom Fleck zu kommen.

Neil-Dutton verweist auf das Beispiel eines kleinen Instituts, bei dem das Kunden-Onboarding noch mittels Papierantrag erfolgt, der zwischen Standorten unter entsprechendem CO2-Ausstoß hin- und hergeschickt werden muss. Das dauert nicht nur lange – sodass potenzielle Kunden womöglich zu Konkurrenten abwandern, bei denen digitales Onboarding viel schneller geht – und ist teuer. Es ist auch alles andere als nachhaltig. Kann das kleine Institut den Prozess dank Low Code einfach und zu vertretbaren Kosten digitalisieren, ist das nicht nur gut fürs Geschäft – es bedeutet auch mehr Nachhaltigkeit.

Kleiner Faktor Green Coding

Auf dem Weg zu einer nachhaltigeren IT ist für Finanzdienstleister dem Analysten zufolge zunächst die Cloud ein interessanter Schritt. Denn eine entsprechende Umstellung der Infrastruktur könne direkt gewaltige Auswirkungen haben. Auch die Nutzung einer geeigneten Plattform, um die IT zu automatisieren, mache Sinn. Denn das erlaube Nachhaltigkeits-Sprünge, „die alles in den Schatten stellen, das man mit Green Coding erreichen kann.“

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