Digitale Transformation hört nicht bei der Automatisierung von Prozessen auf. Verantwortungsbewusste Unternehmen erarbeiten Konzepte für den sinnvollen Einsatz der freigewordenen Mitarbeiter.
Das hohe Automatisierungstempo als Treiber der Digitalen Transformation bringt sowohl Chancen als auch Herausforderungen mit sich. Dabei ist unbestritten, dass die Prozessautomatisierung der Enabler für eine erfolgreiche, zukunftssichere Organisation ist. Sie ist zweifellos auch ein Mittel, um durch die Automatisierung komplexer Prozesse den Fachkräftemangel im Unternehmen abzufedern.
Die damit einhergehende Veränderung der Tätigkeitsfelder gibt den Unternehmen aber ein weiteres, ungeahntes Pfund an die Hand, um dem Fachkräftemangel erfolgreich und vor allem nachhaltig zu trotzen.
So lassen sich RPA und ESG miteinander vereinbaren
Robotic Process Automation (RPA) leistet einen wichtigen Beitrag, um Unternehmen resilienter und effizienter zu machen. Nachhaltig, ökologisch und sozial im Sinne des ESG-Gedankens (Environmental, Social and Governance) wird die Prozessautomatisierung aber erst, wenn im Zuge der Automatisierung freigewordene Mitarbeiter in anderer Funktion und mit einem anderen Aufgabengebiet im Unternehmen dort wieder eingesetzt werden, wo Experten fehlen. Statt unnötig Ressourcen für die Suche nach den benötigten Fachkräften zu vergeuden, werden die betroffenen Mitarbeiter zu den benötigten Experten intern weitergebildet.
Die Zukunftsfähigkeit im Blick behalten
Aus diesem Grund ist es nur ein erster Schritt für Unternehmen oder Berater, Prozesse zu identifizieren, die automatisiert werden sollten, damit Unternehmen effizienter und effektiver und damit wettbewerbsfähiger werden.
Ein vorausschauender, nachhaltiger Ansatz geht aber über die Prozessverbesserung und die Effizienzsteigerung hinaus. Es gilt, Potenziale freizusetzen, die Unternehmen dazu befähigen, sich weiterzuentwickeln, innovativer zu werden, zukunftsfähig zu bleiben oder zu werden. Dazu gehört auch, jede Transformation mit professioneller Kommunikation zu begleiten.
In unterschiedlichster Ausprägung müssen geplante Veränderungen kommuniziert, Ängste ernst genommen und abgebaut, Perspektiven aufgezeigt und neue Arbeitsweisen vermittelt werden. Nur so ist die Transformation nicht nur erfolgreich, sondern auch ökologisch, sozial und von nachhaltigem Bestand. Kommunikative Begleitung sorgt im Idealfall dafür, dass alle Prozessbeteiligten engagiert und positiv an der Veränderung teilhaben.
Zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen
Das führt dann zwangsläufig auch zu der Frage, ob und wie die freigewordenen Ressourcen anderweitig gewinnbringend im Unternehmen eingesetzt werden können. Mit diesem Ansatz werden gleich zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen: Prozesse werden automatisiert, um den Fachkräftebedarf zu minimieren, und gleichzeitig werden Potenziale aufgezeigt, durch die Unternehmen an anderer Stelle durch Aus- und Weiterbildung selbst gegen den Fachkräftemangel ankämpfen können.
Dazu bedarf es allerdings mehr als nur Prozessspezialisten. Ein interdisziplinäres Team, das unterschiedliche Erfahrungen, Perspektiven und Meinungen mitbringt, versucht, eine Lösung für die Mitarbeiter zu entwickeln, die auf die Bedürfnisse der Mitarbeiter und des Unternehmens gleichermaßen abzielt.
Konkret untersuchen beispielsweise Organisationsentwickler oder Personen mit einem unternehmerischen Background, was naheliegende Tätigkeiten für die freiwerdenden Mitarbeiter sein könnten – und das prozess- und abteilungsübergreifend.
Erkennen, verstehen, verändern
Es geht also darum, den Fachkräftemangel zu erkennen und Verständnis dafür zu schaffen, worin der Mangel besteht. Parallel dazu gilt es im Projekt auch zu eruieren, was diese Mitarbeiter an anderer Stelle im Unternehmen leisten könnten, um die Veränderung zu begleiten. Wir reden hier von einer Organisations- und Innovationsentwicklung, die auf die Prozessautomatisierung aufsetzt, und nicht von einer produktbezogenen Innovation.
Der ESG-Fragenkatalog bringt es ans Licht
Ein begleitender modularer Fragenkatalog – angepasst an die Größe des jeweiligen Unternehmens – sollte zu Beginn und nach Abschluss eines jeden Automatisierungsprojektes von der am Projekt beteiligten Abteilung ausgefüllt werden. Er macht den aktuellen ESG-Reifegrad und die Verbesserung durch die Prozessautomatisierung transparent.
Die Antworten geben ganz konkret Aufschluss darüber, wie ökologisch und sozial mit den Ressourcen umgegangen wird, was für Arbeitsmodelle es gibt und wie familienfreundlich sie sind. Sie belegen, wie das Thema Diversität gehandhabt wird und wie viel Freiraum die Mitarbeiter während ihrer täglichen Arbeitszeit für die Entwicklung und Umsetzung von innovativen Ideen haben.
So wird beispielsweise danach gefragt:
- Wie viele Arbeitsmodelle werden angeboten?
- Wie divers und heterogen sind die Teams?
- Gibt es spezielle Freiräume für Innovationsthemen?
- Besteht eine Unternehmensvision, auf die das Weiterbildungskonzept ausgelegt ist?
Aus den Antworten ergeben sich dann wiederum Projekte, die im Rahmen der Prozessautomatisierung von Anfang an mitgedacht werden müssen.
Ein starkes Zeichen für das Employer Branding
Letztendlich geht es nicht nur um die Bekämpfung des Fachkräftemangels und eine nachhaltige Personalpolitik. Es geht auch um Employer Branding, neudeutsch für die Stärkung der eigenen Marke. Die Botschaft an alle potenziellen neuen Mitarbeiter lautet: Wir automatisieren zwar, aber wir entlassen deshalb keine Mitarbeiter. Vielmehr qualifizieren wir sie weiter, damit sie dort sinnvoll im Unternehmen eingesetzt werden können, wo es notwendig ist. So erhöhen wir den eigenen Qualitätsanspruch im Unternehmen.
In vielen Fällen sind von der Automatisierung zudem langjährige, verdiente Mitarbeiter betroffen. Sie verfügen zwar über umfangreiches unternehmensspezifisches Wissen und kennen die internen Abläufe und Prozesse. Bislang hatten sie jedoch wenig Gelegenheit, ihr Wissen, ihre Kenntnisse und neue Ideen aufgrund ihrer bisherigen Tätigkeit einbringen zu können – auch deshalb, weil sie mit dem operativen Geschäft zu sehr ausgelastet waren. Hier ergibt sich die Chance, dieses Wissen anderweitig für das Unternehmen gewinnbringend zu nutzen. Man muss nur erkennen, wie und wo.
Von der Prozessautomatisierung zur nachhaltigen Personalstrategie
Die meisten Unternehmen kennen zwar die positiven Auswirkungen der Prozessautomatisierung auf das operative Geschäft. Aber nur die wenigsten Unternehmen sind auf die Auswirkungen der Prozessautomatisierung auf ihre Mitarbeiter vorbereitet. Die Prozessautomatisierung muss daher nicht nur kommunikativ begleitet werden, sondern sollte im Rahmen des Automatisierungsprojekts auch immer gleichzeitig mit einer verantwortungsbewussten und vorausschauenden Personalstrategie und -planung verbunden werden.
Interne Umschulungs- und Qualifizierungsprogramme sind dabei ein wichtiger Baustein in jeder nachhaltigen Personalstrategie, um Arbeitnehmer im Unternehmen zu halten und dabei zu unterstützen, in neue Rollen zu wechseln und neue Tätigkeiten zu übernehmen. Prozessautomatisierung ist mehr als nur die Automatisierung von Prozessen. Richtig angegangen, leistet sie einen wesentlichen Beitrag, den ESG-Gedanken im Unternehmen Wirklichkeit werden zu lassen.
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