Eine Umfrage von Avaloq unter vermögenden Privatpersonen in zehn Ländern, darunter Deutschland, die Schweiz und Großbritannien, hat ergeben, dass fast 30% der Vermögensverwaltungskunden einen Wechsel ihres Anlageberaters in Erwägung ziehen. Vermögendere und wohlhabendere Klienten erwarten eine individuelle Betreuung: Für 43% von ihnen wäre es ein Grund für einen Wechsel, wenn der Berater nicht ausreichend auf ihre individuellen und neuen Bedürfnisse eingeht. Aber auch neue Kundenschichten, die mit dem Trend zur Demokratisierung des Wealth Managements immer stärker in den Blick der Finanzinstitute geraten, wünschen sich eine Personalisierung, eine stets bedarfs- und situationsgerechte Betreuung. Eine Herausforderung für Vermögensberater. Die Antwort darauf liegt in einem hybriden Ansatz mit einer automatisierten, digitalen Unterstützung der menschlichen Beratungstätigkeit. Ohne eine gute technologische Basis – und Einsatz künstlicher Intelligenz (KI) – ist die erfolgreich personalisierte Betreuung einer wachsenden Zahl von Kunden praktisch unmöglich. Avaloq skizziert im Folgenden fünf Schritte, mit denen einen personalisierte Beratung skalierbar wird:
1. Copy-und-Paste war gestern: die nüchterne Bestandsaufnahme
Am Anfang eines skalierend personalisierten Beratungsansatzes steht eine strategische Einsicht. Das Finanzinstitut muss erkennen, dass die bisherige, weitgehend manuelle Arbeitsweise des Beraterteams heute an eine klare Grenze stößt. Denn noch sind bei Vermögensberatern viel zu viele Prozesse manuell geprägt. Da werden immer noch Daten aus unterschiedlichsten Systemen und Quellen mühsam von Hand in Tabellenblätter mit manuell erstellten Formeln übertragen, damit ein halbwegs individueller Anlagevorschlag entsteht. Andere Berater wiederum versuchen, bestimmte Angebotselemente zu standardisieren, um sie für mehrere Kunden verwenden zu können, die sie mehr schlecht als recht manuell segmentiert haben. Die Konsequenz in beiden Fällen: unflexible Investmentvorschläge, die die Berater dennoch viel Aufwand kosten.
2. Wechselgefahr und Digitalisierungsdruck ernst nehmen
Der zweite Aspekt einer erfolgreich skalierenden Personalisierung ist die Bereitschaft zu konsequenten Digitalisierungsschritten und einer neuen Unternehmenskultur, auf Führungsebene und im gesamten Unternehmen. In einer sich immer stärker digitalisierenden Welt sind auch Finanzinstitute gezwungen, ihre Automatisierung voranzutreiben. Dabei ist es meist gar nicht das Ziel der neuen, automatisierten Systeme und Beratungslösungen, die menschlichen Berater zu ersetzen – vielmehr geht es darum, sie in ihrer Arbeit zu entlasten und zu unterstützten. Denn es braucht mehr und bessere Personalisierung. Die grundsätzlich wachsende Gefahr des Dienstleisterwechsels ist real. Die aktuelle Avaloq-Studie hat die Beziehung und die Wechselwilligkeit von vermögenderen und wohlhabenden Anlegern weltweit untersucht. Zwar sind hohe Kosten und Gebühren wenig überraschend der meistgenannte Grund für einen möglichen Wechsel (58%), gefolgt von schwacher Portfolio-Performance (51%), aber direkt danach wird bereits von 43% der Eindruck genannt, Berater gingen nicht ausreichend auf ihre individuellen und sich wandelnden Bedürfnisse ein. Und 42% sehen einen Wechselgrund, wenn Berater nicht häufig genug mit ihnen kommunizieren. Beide dieser Churn-Gründe sind natürlich Ausdruck unzureichender Personalisierung. Hat ein Finanzinstitut erkannt, dass es der damit einhergehenden Wechselbereitschaft vorbeugen muss, stellt sich die Frage: Wie genau sollte es seine Personalisierung intensivieren bzw. skalieren?
3. Eine digitale Beratungslösung
Am leichtesten fällt einem Finanzinstitut die Digitalisierung und Automatisierung der Beratung – d.h.: die Skalierung der Personalisierung –, wenn es eine cloudfähige Beratungsplattform einsetzt. Solch eine zentrale Lösung, die unterschiedlichste Daten auch aus externen Quellen zu handhabbaren Informationen verdichtet, ist ein Tool, das Berater in ihrer alltäglichen Betreuungsarbeit unterstützt. Im Idealfall ist solch eine Beratungslösung modular erweiterbar und auch vom verwendeten Kernbankensystem unabhängig. APIs eröffnen zugleich die Flexibilität, um benötigte Lösungen und Microservices von Drittanbietern anzubinden. Auch ein Conversational-Banking-Ansatz lässt sich so realisieren: Berater können über ihre Plattform dann einfach jene Social-Messaging-Apps zum Kundendialog anbieten, die ihre Klienten bevorzugen. Vorausgesetzt, KI unterstützt sie bei diesem schnellen Kundendialog – indem die Technologie stets individuell passende Inhalte, Nachrichten und Antworten liefert.
4. Mit KI zu Skalierung und Hyperpersonalisierung
Die digitale Unterstützung kann zum einen das Personalisieren von Kundendialogen und Investmentvorschlägen optimieren und zum anderen das Skalieren der Personalisierung ermöglichen. Dafür sind KI-Technologien unerlässlich, vom Machine Learning (ML) bis zum Natural Language Processing (NLP). KI liefert die personalisierten bzw. hyperpersonalisierten Inhalte, mit denen ein Berater seinen Klienten optimal adressiert. Die KI-Komponente kann etwa externe Newsfeeds und Marktnachrichten analysieren und daraus individuell relevante Inhalte generieren – die für den Berater einen willkommenen Anlass liefern, mit seinem Kunden in Dialog zu treten. Maschinelles Lernen hilft nicht nur, Transaktionen vorzuschlagen, sondern auch Basiswerte für ein strukturiertes Produkt auszuwählen. So lassen sich Derivatprodukte kosteneffizient auf die Risikoaffinität, den Anlagehorizont und die Investmentphilosophie jedes Kunden abstimmen. KI unterstützt dabei, Investmentstorys zu identifizieren, und sie schafft die Basis für eine Beratung in Sachen ESG-Anlagen.
5. KI als Embedded Experience per Microservice
Um KI und Datenanalysefähigkeiten in die Beratungsplattform zu integrieren, gibt es prinzipiell zwei Wege. Entweder das Finanzinstitut implementiert eine große Data Analytics Plattform, die zunächst Daten aus mehreren Quellen wie etwa Core Banking, CRM oder Web/Mobile zentralisiert, um sie für verschiedene Analysetools zugänglich zu machen. Solch eine große, aufwendige Lösung verfolgt oft einen Data Self-Service-Ansatz und will anspruchsvolle Reporting-, Business Intelligence- und Analytics-Funktionen unterstützen. Es gibt aber auch die Möglichkeit, sogenannte Embedded Experiences für die Berater zu schaffen. Dabei arbeitet die KI in Form kleiner, intelligenter Microservices gleichsam im Hintergrund. So kann ein intelligenter Algorithmus beispielsweise öffentlich zugängliche Nachrichten automatisch taggen – und so die individuelle Relevanz für bestimmte Kunden bestimmen. Solch ein KI-basierter Microservice lässt sich oft innerhalb weniger Monate in eine Beratungsplattform integrieren.
Fazit: Hybriden Advisory-Modellen gehört die Zukunft
Die Avaloq-Umfrage zur Beziehung zwischen Anlegern und ihren Beratern bestätigt, dass sowohl Anleger mit einem Berater als auch jene, die selbständig investieren, KI-gestützte Leistungen schätzen. Am meisten Zuspruch erhält dabei die Analyse der Portfolioperformance durch KI. 54% der Anleger mit Berater und 56% der Anleger ohne Berater würden sich hier mit KI-Unterstützung wohlfühlen. 33% respektive 24% würden diese Aufgabe sogar komplett der Maschine überlassen. Es ist absehbar: Berater, die auf KI verzichten, werden Kunden verlieren. Dagegen gehört hybriden, KI-gestützten Advisory-Modellen die Zukunft. Digitale Beratungsplattformen leisten beides: Sie reduzieren den Beratungsaufwand und steigern zugleich die Beratungsqualität. Mit ihnen wird Personalisierung skalierbar.
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