Wenn Sie mit der Digitalisierung Ihres Prozesses beginnen oder sich bereits auf dem Weg dorthin befinden, tauchen viele Fragen auf. Dieser Artikel soll dazu dienen, ein paar grundlegende Gedanken zu skizzieren, die Ihnen dabei helfen können. Diese basieren auf 7 Jahren Erfahrung beim Aufbau einer der größten RPA-Installationen in Europa mit mehr als 500 Prozessen und über 3.000 unbeaufsichtigten (unattended) Bots.

Strategische Ziele

Als ersten Schritt sollten Sie die strategischen Ziele Ihres Vorhabens festlegen. Dieser Schritt ist elementar, um sich die eigenen Voraussetzungen, Herausforderungen aber auch realistische Ziele klarzumachen.

Das sind in der Regel:

  • Kostensenkung
  • Erhöhung der Kundenzufriedenheit
  • Erhöhung der Mitarbeiterzufriedenheit
  • Erhöhung des Umsatzes
  • Bereitstellung für neue Produkte und Geschäftsmodelle

Wenn Unternehmen vor der Implementierung des Programms hierzu befragt werden, ist die Kostensenkung üblicherweise der Hauptantrieb. 

Interessanterweise ändert sich dies im Laufe der Zeit, wenn mehr und mehr Vorteile realisiert werden. Auch wenn sich das Vorurteil wacker hält, bilden automationsbedingte Personalreduzierungen die absolute Ausnahme – viel eher werden sie höherwertigen Aufgaben betraut. Es ist wichtig, die verschiedenen strategischen Ziele für Ihre spezifische Situation abzuwägen. Wollen Sie zuerst die Kosten senken, oder wollen Sie Prozesse wählen, die die Kundenzufriedenheit erhöhen? Es liegt an Ihnen.

Der letzte Punkt in dieser Liste ist sehr interessant. Wenn Sie Prozesse digitalisieren, können die Kosten für eine Dienstleistung oder ein Produkt sinken und es Ihnen ermöglichen, Ihr Angebot um Produkte oder Dienstleistungen zu erweitern, die bei zu viel manueller Arbeit nie einen rentablen Business Case erreichen würden.

Kommunikation

Ihnen muss bewusst sein, dass Sie in Ihrem Unternehmen auf Widerstand stoßen werden, wenn Sie die strategischen Ziele nicht richtig kommunizieren. Sagen Sie die Wahrheit – selbst dann, wenn es um Kostenreduzierung geht. 

Erklären Sie, welche Vorteile Sie von dem Programm erwarten, welche Auswirkungen es Ihrer Meinung nach für die Mitarbeiter haben wird, und bitten Sie diese um Verständnis und Zusammenarbeit. Sie werden überrascht sein, welche Vorschläge zur Automatisierung Sie zurückbekommen werden. Beziehen Sie die Mitarbeiter ein, die von Ihrem Programm begeistert sind, sie erweisen sich oft als wertvolle Partner in oder für ein Center of Excellence (CoE).

Was ist ein Prozess?

Definieren Sie richtig, denn es gibt einen Unterschied zwischen einem End-to-End-Prozess und einer Aufgabe innerhalb eines Prozesses. Es ist ratsam, diese Art der Prozesse zu betrachten, auch wenn Sie nur Aufgaben innerhalb eines Prozesses automatisieren.

End-to-End bedeutet, dass der Prozess vom ersten Ereignis (z. B. einer Kundenanfrage) bis zur letzten Aktivität einschließlich der Dokumentation, Kundenzufriedenheitsumfrage, Berichtswesen usw. reicht. Sie müssen den gesamten E2E-Prozess im Blick haben, um nachteilige Auswirkungen automatisierter Aufgaben zu vermeiden.

Ein Beispiel dafür ist das Cross- und Up-Selling. Wenn Sie den Kundenkontakt durch Automatisierung reduzieren, müssen Sie sich um andere Möglichkeiten kümmern, damit Sie Ihre KPI-Ziele in diesem Bereich erreichen. Dies ist besonders wichtig, wenn verschiedene Positionen innerhalb Ihrer Organisation für Kosten und Erträge eines Prozesses verantwortlich sind.

Viele Gesichtspunkte – ein gemeinsames Ziel

Wenn Sie mit der Automatisierung von Aufgaben oder Prozessen beginnen, sind verschiedene Rollen beteiligt. Wahrscheinlich gibt es einen Business Owner in der Line of Business, dessen Mitarbeiter an der Prozessdefinition beteiligt sind. Es gibt Geschäftsanalysten (vielleicht aus einem Automatisierungs-CoE), die die Mitarbeiter des BOs unterstützen. Nicht zu vergessen die Entwickler und Betriebsmitarbeiter, die den Prozess ausführen.

Es ist ratsam, eine gemeinsame Sprache für alle zu finden. BPMN 2.0 ist hierfür eine gute Lösung, denn die grafische Notation ist auch für Nicht-Techniker verständlich, während Entwickler sie ebenso als Basis für die Automatisierung verwenden können.

Wenn Sie sich für einen solchen Standard entscheiden, können Sie mit verschiedenen Werkzeugen an dem Prozess arbeiten. Sie können Tools zur Prozessanalyse, -verbesserung, Berichterstellung und so weiter verwenden. Außerdem haben Sie von Anfang an eine angemessene Dokumentation Ihrer Prozesse.

Wenn Sie Ihre Prozesse in drei Ebenen unterteilen:

Funktional – Was der Prozess tun soll, verantwortlich: BO

Impedanz-Anpassung – Um die funktionale von der technischen Schicht zu isolieren, verantwortlich: CoE (Center of Excellence)

Technische Realisierung – Wie der Prozess Dinge tut, verantwortlich: CoE (Center of Excellence)

erhalten Sie eine Reihe von Vorteilen. 

Die funktionale Prozessschicht muss nicht angepasst werden, wenn sich die technische Schicht ändert (z.B. wenn eine Anwendung eine neue API oder Benutzeroberfläche erhält). Des Weiteren können Sie die funktionale Schicht dem BO überlassen, der sich normalerweise nicht dafür interessiert, wie sein Prozess automatisiert wird.

Sie können Teile der technischen Schicht wiederverwenden, um mehrere funktionale Prozesse zu unterstützen. Behalten Sie dabei aber die Abhängigkeiten im Auge oder besser noch: Suchen Sie nach einem Produkt, das diese Abhängigkeiten überwacht und darüber berichtet. Die Impedanz-Anpassungsschicht ist eine Lehre aus der Softwarearchitektur zur Verbesserung der Stabilität von Systemen in modularen Architekturen.

KPIs und Reporting

Ihr Projekt kostet Geld. Das bedeutet, dass Sie sich gegenüber Ihrer Geschäftsleitung ständig rechtfertigen müssen. Definieren Sie daher KPIs, die auf Ihre strategischen Ziele ausgerichtet sind, und erstatten Sie regelmäßig Bericht. Noch besser ist es, dem Management ein aussagekräftiges Dashboard an die Hand zu geben, mit dem es gegenüber den Vorgesetzten glänzen kann.

Brauchen Sie ein Kompetenzzentrum?

Ganz klar: Ja! Es muss nicht unbedingt eine organisatorische Einheit sein, sondern kann ein Forum von Interessengruppen und Teilnehmern sein, aber Sie benötigen ein Center of Excellence (CoE). Die Menschen brauchen eine zentrale Anlaufstelle für ihre Automatisierungsbedürfnisse. Und sie müssen wissen, wo sie Unterstützung bekommen können. Schaffen Sie also ein CoE und kommunizieren Sie, wie man daran teilnehmen kann. 

Zudem brauchen Sie eine zentrale Stelle, um Ihre Automatisierungs- Strategie zu verwalten. Hierdurch vermeiden sie, dass verstreute Initiativen voneinander nichts wissen.Unsere Kunden waren sehr erfolgreich bei der Einrichtung eines solchen Center of Excellence als agiles Team oder wenn Ihr Programm mit mehreren Teams Scrum für Scrum wächst.

Fazit

Wenn Sie ein paar grundlegende Punkte beachten, steht einer erfolgreichen Digitalisierung nichts im Wege! Das Schwierigste dabei ist, Ihre Mitarbeiter zu überzeugen und sie bei der Stange zu halten.

Auch wenn der Beginn eines solchen Projektes am Anfang überwältigend scheint, versichere ich Ihnen: Sie und Ihre Mitarbeiter werden diesen Schritt nicht bereuen!

Zur Person:

Mika Goeckel ist Gründer und Geschäftsführer der meta:proc GmbH und befasst sich dort seit mittlerweile über 5 Jahren mit ganzheitlichen Automationslösungen für Geschäftsprozesse. Seine Faszination für alle möglichen digitalen Themen begann aber bereits vor über 25 Jahren mit Gründung der cyber:con Gesellschaft für neue Medien mbH.

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