DER PROZESSMANAGER: Seit 2004 unterstützen Sie mit staffadvance Unternehmen bei der Organisationsentwicklung. Seit 3 Jahren sind Sie auch Mitglied der gfo – Gesellschaft für Organisation e.V.  und leiten den Regionalverband in Ihrer Gegend. Was fasziniert Sie so daran die Geschäftsprozesse von Unternehmen zukunftsfähig zu gestalten?

Dr. Stefan Fuchs: Prozessmanagement liefert das, was ich gern ein Ordnungssystem für eine Organisation nenne. Bei Veränderungen kommt es ja auch darauf an, von Reflexionen und Erkenntnissen auf einer höher aggregierten Ebene, z.B. Zielen oder Ausrichtung, zum konkreten Handeln zu kommen. Und hierfür ist eine Systematik hilfreich, damit man quasi flächendeckend das Erforderliche benennen kann anstatt nur selektiv einzelne (richtige) Ideen.

Weiter fasziniert mich die Wirkung von Sprache: Über die Klärung der jeweils relevanten Prozesselemente (Input, Output, Beteiligte, Zweck, Kennziffern,…) erhält ein Prozess seinen Namen. Diese Bezeichnung hat dann eine assoziative Bedeutung – so ist künftige Verständigung vereinfacht und Missverstehen reduziert.

DER PROZESSMANAGER: Warum hinkt gerade die Personalarbeit bei Agilität/Digitaler Transformation meist den restlichen Unternehmenseinheiten hinterher?

Dr. Stefan Fuchs: Sicher sind Kontext und Entwicklung in jeder Organisation individuell, weswegen pauschale Aussagen wenig hilfreich sind. Als systemisch denkender Mensch kann ich hier nur ein paar Denkrichtungen geben. HR ist ein Service- und kein Kernprozess und wird daher bei Optimierungen nachrangig betrachtet. Daneben beobachte ich auch eigene Anteile bei den Personalern. Langes Hadern ob zu wenig Beachtung, Einfluss und in-ihrer-Bedeutung-wahrgenommen-werden bewirken das Gegenteil bei den Angesprochenen und bei den Personalern selbst zu tendenziell defensivem Agieren. Wenn das über einen längeren Zeitraum anhält, ergibt sich ein Rückstau an Entwicklungen. Ein dritter Aspekt spielt m.E. auch noch eine Rolle: Die wenigsten Personalabteilungen haben ihr Geschäftsmodell also solches beschrieben. Damit fehlt dann die Basis, dieses fortzuschreiben.

DER PROZESSMANAGER: Was sind Ihrer Meinung die größten Hürden, bei einer Umstellung auf eine prozessorientierte HR-Abteilung?

Dr. Stefan Fuchs: Für mich gehören dazu: das Fehlen des bereits genannten Geschäftsmodells, weiter Defizite an Methoden, Denkmodelle wie Dokumenten- anstatt Daten-getriebene Arbeitsweise, ein Selbstverständnis als „Verwaltung“, das defensive Warten auf die Anerkennung durch andere Abteilungen,… Auch hier möchte ich anfügen: Nicht jeder dieser Aspekte gilt für jede Personalabteilung.

DER PROZESSMANAGER: Wie sollte man mit Führungskräften umgehen, die zwar damit einverstanden sind, die Prozesse ihrer Mitarbeitenden optimieren zu lassen, aber an den eigenen Führungs- und Entscheiderprozessen keinen Veränderungsbedarf sehen?

Dr. Stefan Fuchs: Ich würde – gerade im Kontext von Prozessmanagement – der sprachlichen Klarheit wegen lieber nicht von „Führungs- und Entscheiderprozessen“ sprechen, sondern von Führen und Entscheiden. Weiter: Eine Führungskraft, die Prozesse ihrer Mitarbeitenden optimieren „lässt“, führt nicht.

Einen Aspekt halte ich für sehr zentral: Die Neugestaltung von Prozessen ist ohne Auswirkungen auf Führen und Geführt-werden nicht denkbar. So werden z.B. im Rahmen solcher Vorhaben Entscheidungen von der Führungskraft zum Mitarbeitenden verschoben. Damit haben Führungskräfte, die „Entscheidungen treffen“ als Definitionskriterium für Führung ansehen, natürlich ihre Schwierigkeiten. Daher sollte m.E. im Zuge von Prozessveränderungen thematisiert werden, was eigentlich Führung in der dann neuen Welt bedeutet.

DER PROZESSMANAGER: Vielerorts wird folgende These aufgestellt: In Zukunft wird niemand mehr HR brauchen, aber jeder braucht Human Connections. Sprich die Entwicklung zu agilen Organisation wird das klassische Human Ressource abschaffen. Welche Trends sehen Sie auf die HR-Abteilung der Zukunft zukommen?

Dr. Stefan Fuchs: Das erinnert mich an das Zitat „Banking is necessary, banks are not.“ Natürlich ist da was dran, doch das betrifft ja auch andere Themenbereiche. Dieser Vergleich sollte m.E. der Entwicklung den Schrecken nehmen. Letztlich ist das m. E. ein fast erwartbarer Nebeneffekt von Digitalisierung und Wandel der Arbeitswelt. Diese führen zu Grenzverschiebungen zwischen Kunden und Produzenten/Dienstleistern genauso wie zwischen Fachbereichen.

Sinn macht m.E., dass Personaler sich nicht gegen solche Aussagen wehren und in eine Haltung von Rechtfertigung und Selbstvergewisserung verfallen. Sondern die Situation pro-aktiv gestaltend annehmen: Ja, die Rolle von Personalern ist im Wandel. Und dieser Wandel wird sich von Organisation zu Organisation sehr unterscheiden.

Sie wollen weitere Information zur Optimierung Ihrer HR-Prozesse?

Dann schauen Sie doch am 26.06.2019 beim gfo Regionaltreffen mit Experte Dr. Stefan Fuchs vorbei. Hier lernen Sie alles über das Prozess-Denken in der Personalarbeit.

Alle weiteren Infos gibt es unter: https://www.xing.com/events/prozess-denken-trifft-hr-2100079

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