DER PROZESSMANAGER: Frau Buchner! Toll, dass es klappt. In Ihrem Geschäft sind Sie ja stets unterwegs und nah am Kunden. Wie kann man sich denn grundsätzlich Ihren Alltag so als moderne Beraterin vorstellen?

Romana Buchner: Das Klischee der Unternehmensberatungen stimmt wirklich, einen typischen Alltag gibt es nicht. Kein Tag gleicht dem anderen. Was sich aber wie ein roter Faden durchzieht ist, dass der Arbeitsalltag des Unternehmensberaters abwechslungsreich, vielfältig und sehr menschenbezogen ist. 

Ein wesentlicher Teil der Arbeitswoche bin ich – wie man so schön sagt – „on the road“. Denn Unternehmensberatung ist und bleibt ein People Business. Wir legen großen Wert darauf langfristige Partnerschaften mit unseren Kunden und Kooperationspartner aufzubauen und zu pflegen. 

Am Freitag ist das gesamte Team in der Regel im Office. Wir treffen uns wöchentlich, um unsere Lessons Learned auszutauschen und nehmen uns an den Freitagen bewusst Zeit für Reflexion und neue Ideen. 

Trotzdem grenzen wir uns sehr stark vom zweiten Klischee ab – Arbeiten bis zum Umfallen. Ich bin der Meinung, dass man keine 70 Stunden pro Woche aufmerksam und voller Kraft an wichtigen Kundenthemen arbeiten kann. Es gibt bei uns auch keinen Wettkampf im Team, wer als erster kommt oder als letzter geht; es geht um konzentriertes Arbeiten.

DER PROZESSMANAGER:  Was sind Ihrer Meinung die größten Hürden, mit denen Unternehmen aktuell zu kämpfen haben?

Romana Buchner: Die Rückkehr in eine „Normalität“ wird uns alle wohl noch Monate oder sogar Jahre beschäftigen. 

Was jedoch stark spürbar ist, ist dass das Thema Digitalisierung Fahrt aufnimmt – eine regelrechte Digitalisierungsoffensive soll uns alle in naher Zukunft auf Trab halten. Digitalisierung bedeutet aber mehr als die Nutzung von Skype oder Zoom für Videokonferenzen! Die digitale Transformation in Unternehmen ist ein komplexer Prozess, der sich nicht nur auf den Aufbau digitaler Infrastruktur beschränkt, sondern viel mehr umfasst. Digitalisierungsprojekte führen nämlich unweigerlich zur Veränderung von  Arbeitsprozessen, der Organisationsstruktur und der Unternehmenskultur. 

Damit beispielsweise die Digitalisierung von Produktionsanlagen gelingt, müssen alle vor- und nachgelagerten Prozesse entlang der Supply Chain mitgedacht werden. Weiters sind bei der Adaptierung von Geschäftsprozessen alle relevanten Unternehmensbereiche mit einzubeziehen, bis hin zu den Mitarbeitern, die schlussendlich die Anlagen bedienen. Der gesamtheitliche Zugang wird von vielen Betrieben in Österreich und Deutschland noch immer unterschätzt.

Die Kernkompetenz und damit die Wertschöpfung von Industriebetrieben liegt nicht in der Umsetzung von Digitalisierungsprojekten. Deshalb müssen sich die Organisationen die Frage stellen, welche zusätzlichen Kompetenzen benötigt werden.

Wir merken, dass Kunden sich vor allem bei der Umsetzung von Digitalisierungsprojekten schwertun. Eines der größten Probleme bei der Umsetzung ist der Mangel an qualifizierten Mitarbeitern. Eine weitere Herausforderung ist es Digitalisierungsprojekte methodisch richtig umzusetzen. Oftmals werden hierfür agile Arbeitsweisen benötigt – starre Hierarchiestrukturen wirken hier häufig kontraproduktiv. Unternehmen dürfen nicht davor zurückschrecken Hierarchieebenen abzubauen, Mitarbeitern mehr Entscheidungsfreiheit zu übertragen, Führungsrollen neu zu definieren oder einen konkreten Digitalisierungsbeauftragten zu benennen, um eine reibungslose und schnelle Umsetzung zu ermöglichen.

DER PROZESSMANAGER: Stellen wir uns mal vor, ein Kunde kommt mit diesen Herausforderungen auf Sie zu. Wie gehen Sie das an? Wie können Sie einem solchen Unternehmen konkret helfen?

Romana Buchner: Die Anzahl neuer Technologien, die Unternehmen heutzutage zur Verfügung stehen, ist überwältigend. Es ist eine herausfordernde Aufgabe für Entscheidungsträger herauszufinden, welche Technologie für das Unternehmen geeignet ist und ob bzw. wie das bestehende Geschäftsmodell möglicherweise geändert werden muss, um zukunftsorientiert zu sein. Es gilt als Unternehmen also die richtigen Digitalisierungstrends und Lösungen zu filtern, aufzugreifen und nachhaltig umzusetzen. 

Unser Beraterteam hat einen digitalen Quick Check, den sogenannten „cuCheck “ – entwickelt, der Unternehmen als Indikator der eigenen digitalen Fitness dient. Denn uns ist bewusst, dass intern oft die Ressourcen und Know-How, sich gezielt mit Digitalisierungsthemen auseinanderzusetzen, fehlen. In einem gemeinsamen Workshop mit dem Kunden erstellen wir ein Reifegradmodell und leiten Handlungsempfehlungen ab. Somit ist für alle Beteiligten nach kürzester Zeit klar, wo Handlungsbedarf besteht und wie die weitere Vorgehensweise aussehen kann. 

Um auch gesamtheitlich bei der Umsetzung dieser Vorhaben zu unterstützen, haben wir zusätzlich einen gesamtheitlichen Ansatz, abgestimmt auf die aktuellen Bedürfnisse, entwickelt. Dieses Produkt nennen wir „cuALITY“. Mit cuALITY begleiten wir unsere Kunden als Partner zum digitalen Erfolg. Unsere Consultants sind nicht nur Projektmanager, sondern zugleich flexibel verfügbare Fachexperten, die aus der Industrie kommen und die sich wohlfühlen als „menschliche Schnittstelle zwischen den Fachbereichen und der IT zu agieren. Wichtig ist auch, dass wir nicht „von außen“ beraten, sondern die Themen aktiv mitgestalten. Wir integrieren uns bewusst in das Unternehmensumfeld unserer Kunden, nur so können wir eine durchgängige Hands-on-Mentalität und Teamwork auf allen Ebenen gewährleisten. Dieser Beratungsansatz ist unser Erfolgsfaktor für langjährige Partnerschaften mit unseren Kunden und Kooperationspartnern.

“Die digitale Transformation

DER PROZESSMANAGER:  Nun sprechen viele immer von der Digitalisierung in der Industrie. Wie erleben Sie die Digitalisierung in der Beratungsbranche?

Romana Buchner: Oft wird die Unterstützung von Beratungsunternehmen erbeten, um Fragen zur Zukunft eines Unternehmens zu beantworten und sie auf ihrem Weg zu begleiten. Die Beratungsbranche selbst befindet sich jedoch ebenfalls im Umbruch, da der rasche Fortschritt in der Digitalisierung auch die klassischen Beratungsansätze beeinflusst. Es ist also an der Zeit, diese zu überdenken und die Beratung selbst in das Zeitalter der Digitalisierung zu versetzen. 

Ich glaube, dass sich die Beratungsbranche folgende Fragen stellen muss: Vor welchen zukünftigen Herausforderungen stehen traditionelle Beratungsunternehmen? Wie können ihre Kunden im Zeitalter der Digitalisierung am meisten von ihren Beratungsleistungen profitieren? 

Bisher bestand der allgemein anerkannte Standardansatz in der Beratungsbranche darin, Strategien und Maßnahmen zu entwickeln, die auf Best-Practice-Anwendungsfällen basieren. Kunden könnten durch standardisierte Lösungen effizient und zielorientiert unterstützt werden. Dieser Ansatz muss jedoch in Zukunft überdacht werden, denn er wird aus folgendem Grund so nicht mehr funktionieren: Es gibt in der Branche kaum Erfahrungen mit der nachhaltigen und gesamtheitlichen Einführung oder Anwendung von neuen Technologien, innovativen Lösungen oder disruptiven Geschäftsmodellen. Das Fehlen verfügbarer Beispiele ist nicht überraschend, da „disruptiv“ bedeutet, dass bestimmte Maßnahmen noch nicht umgesetzt wurden und diese Geschäftsmodelle daher noch nicht existieren. In vielen Fällen sind neue Technologien also auch für Unternehmensberater neu. Kunden vertrauen aber darauf, dass ein Berater über die erforderlichen Kenntnisse betreffend neuer Technologien und deren Anwendung verfügt und dabei helfen kann diese nachhaltig im Unternehmen zu implementieren.

DER PROZESSMANAGER:  Wenn Sie mal schätzen müssten: Welche Chancen und Risiken gibt es denn für Beratungen in den nächsten Jahren?

Romana Buchner: Ich habe letztens eine Studie, die von den österreichischen Wirtschaftskammern in Auftrag gegeben wurde, gelesen die zeigt, dass nur 20% der Beratungsunternehmen eine Digitalisierungsstrategie für sich entwickelt haben. Über 40% hatten jedoch eine „digitale“ Geschäftseinheit für ihre Kunden eingerichtet. Das heißt, obwohl Beratungsunternehmen digitale Technologien einsetzen, um Wissen zu erwerben und in Beratungsprojekte einzubeziehen, haben sie noch nicht viel darüber nachgedacht, was dies für ihr eigenes Geschäftsmodell bedeuten kann.

Ich bin der Meinung, dass es für die Beratungsbranche selbst jetzt von größter Bedeutung ist, sich den neuen Technologien zu widmen und ihre eigenen Beratungsansätze zu überdenken. Eine Frage, die mich schon seit längerem beschäftigt ist zum Beispiel: Welche Fähigkeiten werden von Unternehmensberatern in Zukunft erwartet, um von ihren Kunden als Experte wahrgenommen zu werden?

DER PROZESSMANAGER: Vielen Dank Frau Buchner für Ihre detaillierten Einblicke und Ihre Zeit!

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