DER PROZESSMANAGER: Herr Imping! Toll, dass es klappt. Als CEO eines internationalen Beratungsunternehmens ist der Kalender sicherlich durchgetaktet. Ganz ehrlich: Welche 3 Hilfsmittel nutzen Sie täglich damit Sie optimal durch den Tag kommen?

Klaus Imping: Nun, recht einfach: im Horizont der nächsten 2, 3 Monate habe ich klare Prioritäten, im Tages- und Wochenhorizont eine explizite „To-Do“-Liste, und das Wichtigste: ich setze beides aktiv ein!

DER PROZESSMANAGER: Stichwort Prozessoptimierung: Gerade die Digitalisierung ist eine Veränderung die tiefgreifend in die Prozesse von Unternehmen eingreift und diese nachhaltig verändert. Welche Fallstricke (oder sogar Denkfehler) begegnen Ihnen bei der Beratung von Unternehmen in diesem Kontext?

Klaus Imping: Ihre Frage impliziert etwas, was meiner Beobachtung nach keine Selbstverständlichkeit ist und deshalb Aufmerksamkeit braucht: Digitalisierung ist Mittel zum Zweck der Prozessverbesserung. Das heißt, das Denken muss vom Prozess ausgehen, nicht vom Mittel! Jedoch sehe ich oft, dass Projekte eher im Verständnis „Einführung von neuer Technologie, von neuen Systemen“ angegangen werden, oft ohne klare Vorstellung des Zielzustandes des Prozesses.

Aber genau darauf kommt es an! Im Ergebnis solch klassischer „Systemeinführungsprojekte“ arbeiten die im Prozess beteiligten Menschen oft in der Art und Weise und mit den Werkzeugen weiter, die sie gewohnt sind. Der wirkliche Arbeitsprozess wird somit kaum, nur oberflächlich verändert und bleibt „tribal“, auf verankerten Gewohnheiten basierend.

DER PROZESSMANAGER: Wie geht man ein Transformationsprojekt dann an, um eben diese Fallstricke, wie “tribale” Arbeitsabläufe zu vermeiden?

Klaus Imping: Das Wichtigste ist, sich zunächst die Zeit zu nehmen, ein möglichst klares, recht detailliertes Bild des Zielzustandes, der Abläufe, der Rollen, der Organisation zu machen. Das ist nicht immer ganz einfach, weil Digitalisierung viel mehr erlaubt als nur inkrementelle Verbesserung. Digitalisierung ermöglicht Prozesse disruptiv anders aufzusetzen, komplett anders zu machen. Ohne ein solch klares Zielbild, vielleicht mit 2, 3 Zwischenschritten, ist Misserfolg vorprogrammiert. Gefragt ist also „vom Ergebnis her“ zu denken, nicht vom Ist-Zustand nach vorne.

DER PROZESSMANAGER: Wovon profitieren die Unternehmen, wenn Sie ihre Prozesslandschaft Ende-zu-Ende betrachten und auch leben?

Klaus Imping: Ganz brutal auf den Punkt gebracht: sie überleben. Diese Ansicht basiert auf der Annahme, dass die „Amazonisierung“ der Welt, die wir als Konsumenten seit Jahren erleben und die für uns eine neue Selbstverständlichkeit geworden ist, bald auch in der B2B-Welt Einzug hält. Wer in dieser Welt nicht wirklich digital von Ende zu Ende integriert ist, sogar hochgradig automatisiert ist, wird sich schwertun.

Wer meint es reicht, als „Digitalisierung“ nur ein paar neue Systeme einzuführen und im Hintergrund manuelle Vorgänge, Excel, Emails usw. zuzulassen, wird ein böses Erwachen erleben. Umgekehrt, wer Prozesse digital neu aufstellt, wird nicht nur einen Boost an Effizienz und Geschwindigkeit ermöglichen, sondern seinen Kunden Wettbewerbsvorteile bieten: Transparenz, Auskunftsfähigkeit, Reaktionsgeschwindigkeit.

DER PROZESSMANAGER: So viel zur Gegenwart: Was glauben Sie, wie entwickelt sich das Prozessmanagement in der Zukunft, wenn man die Entwicklungen und Möglichkeiten im Kontext Automation & KI anschaut?

Klaus Imping: Das Ausmaß an autonomen, hochgradig selbststeuernden Prozessen wird zunehmen, daran habe ich keinen Zweifel. In welcher Geschwindigkeit das geschieht, hängt, vereinfacht gesprochen, von 2 Faktoren ab: der Komplexität des Prozesses zum einen, der Involviertheit von Menschen zum anderen. Die Verfügbarkeit von Technologie, künstlicher Intelligenz, ist nicht der kritische Engpass.

Dies ist vielmehr der schrittweise Veränderungsprozess, die Reise von manuell, nicht-integriert, tribal nach integriert, explizit, mehr und mehr automatisiert. Auf dieser Reise ist automatisierende Technologie eine Zutat, die dosiert hinzugefügt werden muss. Alles zu Beginn hinein zu kippen, ruiniert das Ergebnis.

DER PROZESSMANAGER: Vielen Dank Herr Imping für Ihre detaillierten Einblicke und Ihre Zeit!

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