DER PROZESSMANAGER: Seit Anfang 2018 verstärken Sie das Management der junokai GmbH als Associate Partner. Als Strategie-, Organisations- und Prozessberatung fokussiert Ihr Unternehmen die Bereiche Marketing, Vertrieb und Kundenservice. Sie verantworten dabei das Business Development sowie die Pflege von Projekten und Kundenbeziehungen auf Senior Level.

Was begeistert Sie besonders an diesen Themen?

Jonas Leismann: Ich bin seit fast 25 Jahren im Kundenservice tätig, davon die meiste Zeit bei großen Contact Center Dienstleistern. Dabei habe ich Kundenservices von sehr vielen Unternehmen unterschiedlichster Branchen kennengelernt. In diesem Zuge sieht man zwar das Spektrum der Themen dort, ist aber als Contact Center Dienstleister eher verlängerte Werkbank und nur sehr eingeschränkt aufgefordert und in der Lage, die wichtigen Parameter im Kundenservice mit zu beeinflussen. Daher wollte ich eine andere Perspektive einnehmen und an Kundenservice Themen auf einer breiteren Ebene arbeiten. Dabei bin ich mit junokai zusammengekommen, wo ein Team von 20 fest angestellten Beratern zuzüglich Freelancer in der Beratung und im Projekt- und Interim-Management in allen Bereichen des Kundenservice Universums arbeitet. Alle unsere Berater haben einen Background in den Bereichen Kundenservice Operations oder Vertrieb und Marketing im Kundenservice. Zusätzlich bietet junokai Consulting Services, um konkrete Herausforderungen im Kundenservice zu meistern – teilweise unter Einbezug neuster Technologien (z.B. Speech Analytics oder KI im Bereich Salesoptimierung). Mich begeistert, mit diesem Team und diesem Leistungsspektrum ganzheitlich den Kundenservice für unsere Kunden und letztlich auch für die Kunden unserer Kunden optimieren zu können.  

DER PROZESSMANAGER: Um mit CRM die Balance zwischen Kundenorientierung und Wirtschaftlichkeit erreichen zu können, ist professionelles Geschäftsprozessmanagement notwendig. Wie viel Geschäftsprozessmanagement braucht CRM Ihrer Meinung nach wirklich?

Jonas Leismann: Insbesondere wenn wir das von Ihnen genannte Thema Balance zwischen Kundenorientierung und Wirtschaftlichkeit betrachten, sehe ich eine wichtige Rolle im Geschäftsprozessmanagement. Im Kundenkontaktmanagement stellen sich genau diese Fragen. Wie stelle ich meine Kunden zufrieden und habe gleichzeitig eine hohe Kosteneffizienz? Für ersteres gibt es dann diverse Maßnahmen wie Trainings der Kundenberater, KPI-Management etc.. Zur Steigerung der Effizienz werden Maßnahmen von Optimierungen im Workforcemanagement bis hin zur Prozessautomatisierung (RPA) ergriffen. Was heute jedoch immer noch nicht intensiv genug betrieben wird, ist eine echte Root Cause Analyse, also die Identifizierung der eigentlichen Ursachen, die zu Kundenkontakten führen. Kunden wären viel zufriedener, wenn sie nicht auf Probleme oder ungeklärte Fragen stoßen, wegen derer sie den Kundenservice kontaktieren müssen. Und für den Kundenservice wäre es viel kosteneffizienter, wenn unnötige Kontakte vermieden werden könnten. Und hier kommt das Geschäftsprozessmanagement mit der Aufgabe ins Spiel, die Ursachen für möglicherweise unnötige Kontakte zu analysieren und einen Weg aufzuzeigen, wie diese Kontakte von vornherein vermieden werden können. Oder, falls die Kontakte weiterhin notwendig sind, deren Ablauf effizienter zu gestalten, zum Beispiel durch Prozessautomatisierung. Die Kundenberater können dadurch auf die wirklich werthaltigen Kontakte fokussiert werden. Darüber freuen sich die Kunden und die Budgetverantwortlichen. Daran kann man sehr gut die Wichtigkeit von professionellem Geschäftsprozessmanagementfür das CRM sehen.

DER PROZESSMANAGER: Welche Kennzahlen sind wichtig für erfolgreiches Geschäftsprozessmanagement in Verbindung mit CRM und warum?

Jonas Leismann: Die Kernaufgabe von Geschäftsprozessmanagement ist die Mitgestaltung der oben schon genannten Balance zwischen Kundenorientierung und Wirtschaftlichkeit. Letztendlich sind diese beiden KPIs, also Kundenzufriedenheit und Cost to Serve, Leit-KPIs für das Geschäftsprozessmanagement. Ergänzend zahlen gute Prozesse im Handling der Kundenkontakte auch auf die Mitarbeiterzufriedenheit ein, die unmittelbar wieder mit Kundenzufriedenheit und Kosteneffizienz korrelieren (geringe Fluktuation und Krankenquote).  

Zuletzt waren Sie in der Deutschland Geschäftsführung von Capita Europe einem der größten Business Process Outsourcing Dienstleister in Europa verantwortlich für Vertrieb und strategische Key Accounts im Customer Management.

DER PROZESSMANAGER: Welche Vor- und Nachteile sehen Sie in Business Process Outsourcing (BPO)?

Jonas Leismann: Was den Kundenservice betrifft, nutzen nahezu alle größeren Unternehmen Outsourcing. Dabei geht es in der Regel um das reine Kundenkontaktmanagement. Die Vorteile liegen in dem geringeren Lohnniveau bei Dienstleistern und in einem größeren Spielraum für mitarbeiterbezogene Leistungsbeurteilungen und damit einer besseren Steuerungsmöglichkeit der Mitarbeiter. Die kurzfristige Flexibilität von Dienstleistern wird meistens überschätzt, da hier auch nur mit Menschen sowie innerhalb der Arbeitsgesetze gearbeitet wird. Die mittel- bis langfristige Flexibilität im Rahmen der üblichen Vertragslaufzeiten mit Dienstleistern zwischen ein bis drei Jahren ist für Auftraggeber jedoch interessant im Vergleich zur Bindung von Lohnkosten in Form von eigenen Mitarbeitern. Inhouse Kundenservices hingegen haben häufig eine bessere Qualität, da die Mitarbeiter sich stärker mit dem Unternehmen identifizieren und aufgrund der längeren Verweildauer im Unternehmen (auch aufgrund von höheren Löhnen im Vergleich zu Dienstleistern) mehr Know-how haben.     

DER PROZESSMANAGER: Viele Unternehmen, gerade im Mittelstand, greifen für die Kosteneinsparung zum Business Process Outsourcing zurück (BPO). Allerdings erweisen sich digitale Helfer und die damit verbundene Robotic Process Automation meist als der kostengünstigere Weg.

Was ist Ihre Einschätzung dazu? Wird Robotic Process Automation (RPA) das Outsourcing abschaffen?

Jonas Leismann: Ja…Vielleicht in 20 Jahren. Bis dahin wird RPA lediglich die einfachen, regelbasierten und ständig wiederkehrenden Prozesse abdecken können. Die Anzahl dieser Prozesse wird sich also im Kundenservice und damit auch beim Outsourcing schrittweise reduzieren. Für die verbleibenden Prozesse werden nach wie vor – dann noch besser ausgebildete – Menschen benötigt werden. Außerdem lässt sich erkennen, dass Menschen im Zuge der Verschiebung in den Onlinehandel wieder eine individuelle Betreuung durch einen Menschen zu schätzen lernen. Sogar Kundenservices für Massenkunden beginnen damit, die Option von persönlichen Ansprechpartnern wieder anzubieten. Menschen kaufen bei Menschen. Das wird auch noch eine ganze Weile so bleiben.

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