Komplexität, unterschiedliche Schnittstellen, menschliche Fehler, Veränderungen in der Geschäftsumgebung: Es gibt viele Gründe dafür, dass Geschäftsprozesse nicht ablaufen wie gewünscht. Ein häufiges Beispiel dafür sind sogenannte Execution Gaps, die sich nur durch manuelles Eingreifen oder Nacharbeiten korrigieren lassen. Das macht Prozesse in mehrfacher Hinsicht ineffizient – sowohl hinsichtlich flüssiger Arbeitsabläufe, im Blick auf den Zeitaufwand, als auch in Bezug auf die Produktionskosten.

Immer mehr Unternehmen setzen daher auf Process Mining. Mit diesem Verfahren lassen sich komplette Geschäftsabläufe visualisieren und systematisch analysieren. Auf diese Weise können Verantwortliche schnell herausfinden, wo ein Prozess Schwachstellen aufweist oder sich noch weiter optimieren lässt.

Process Mining wurzelt von seiner Grundidee her im Data Mining, also der systematischen Anwendung statistischer Methoden auf große Datenbestände, um auf Basis dieser Analysen Querverbindungen, Muster und Trends zu erkennen. Typische Einsatzgebiete von Data Mining sind beispielsweise die Personalisierung von Angeboten sowie Warenkorbanalysen.

Umfassende Analysen entstehen in Echtzeit

Beim Process Mining wird dieses Verfahren nicht nur auf bestimmte Datenbestände, sondern auf komplette Geschäftsprozesse angewendet. Alle auftretenden Ereignisse, die sogenannten Events, werden in chronologischer Reihenfolge miteinander verknüpft und im Event Log, einer Art Protokoll des Ablaufs, abgebildet. Eine Process-Mining-Lösung visualisiert damit die Prozessschritte in Form von Grafiken und Diagrammen und analysiert sie in Echtzeit. Möglich ist zudem, sich diverse theoretische Versionen eines Geschäftsablaufs anzeigen zu lassen, um dann die optimale Variante auszuwählen.

Auf diese Weise gewinnen Unternehmen wichtige Erkenntnisse zu Schwachstellen in den Abläufen – etwa im Blick auf Produktivitätsverluste im Ablauf oder Verbesserungspotenziale – und können im Sinne von mehr Kosteneffizienz Prozesse entsprechend verbessern und beschleunigen. Beispiel Kaufprozess: Es lässt sich bei einer Artikelbestellung anhand der allokierten Daten rekonstruieren, ob und wie oft ein Kunde zum Angebot zurückspringt, bevor er den Kauf abschließt oder unter Umständen sogar abbricht. In einem nächsten Schritt können dann die Gründe extrapoliert werden, warum der Kunde sich an welcher Stelle im Kaufprozess wie verhalten hat, mögliche Klippen identifiziert und der Kaufprozess am Ende so gestaltet, dass er für beide Seiten so optimal wie möglich ist.

Verknüpfung von Prozess- und Unternehmensdaten

Eine wichtige Rolle beim Process-Mining spielt das ERP-System als zentrale Integrationsplattform für sämtliche Unternehmensdaten und -anwendungen – etwa aus Abteilungen wie Einkauf, Produktion, Vertrieb und Kundenservice. Wird beispielsweise die Auftragsabwicklung analysiert, sollten die Ereignisdaten dieses Prozesses mit den Transaktionsdaten aus dem ERP-System – also Informationen zu Angebotserstellung, Versand und Rechnungsverbuchung – verknüpft sein. Das fördert deutlich mehr Erkenntnisse zutage als bei der reinen Betrachtung der Ereignisdaten.

So könnte eine beispielhafte Analyse von Lieferprozessen ablaufen: Wenn Unternehmen diese Aufgabe derart ganzheitlich angehen, werden sie nicht ausschließlich die Lieferzeiten untersuchen, um etwaigen Lieferverzögerungen auf die Spur zu kommen. Auch andere Transaktionsdaten, die in diesem Zusammenhang eine Rolle spielen, etwa verspätete Zahlungseingänge seitens der Kunden aufgrund der verzögerten Warenlieferung, fließen in die Analyse ein. Damit kann das Unternehmen auf einen Blick erkennen, ob und wie sich Lieferfriktionen auch auf seine Kostenstruktur und den aktuellen Cashflow auswirken.

Geeignet für viele Unternehmensabläufe

Auch in anderen Bereichen kann Process Mining bei der Aussteuerung betrieblicher Abläufe helfen. Dazu zählt zum Beispiel die Analyse von Bewerbungsverfahren im HR-Management. Oder: Über die Auswertung der im CRM-System erfassten Reaktionszeiten im Kundenservice lassen sich ebenfalls nützliche Erkenntnisse gewinnen und Optimierungspotenziale aufzeigen. Generell gilt: Je reibungsloser ein Betrieb seine Abläufe gestalten kann, desto mehr Potenziale für Automatisierung werden sich auch erschließen. Gleichzeitig dürfte damit zudem die prozessuale Fehlerrate spürbar sinken.

Entscheidend ist eine hohe Datenqualität

Damit eingehende Prozessanalysen auch die intendierten Erfolge zeitigen, braucht es zunächst digitalisierte Abläufe, um überhaupt an die dafür benötigten Daten zu kommen. Wichtig ist zudem, dass diese auch von ausreichender Qualität sind. Konkret heißt das: Die Daten müssen aktuell, vollständig, eindeutig, genau und konsistent sein. Andernfalls ist die Gefahr groß, dass es zu Verzerrungen in den Analyseergebnissen kommt.

Allerdings ist es für viele Unternehmen nach wie vor herausfordernd, die Qualität ihrer Daten auch tatsächlich sicherzustellen. In Anbetracht unaufhaltsam anwachsender Datenmengen sind mangelnde Kapazitäten für eine professionelle Datenpflege und -strukturierung bei den Verantwortlichen einer der Hauptgründe dafür. Typische Beispiele für ‚Dirty Data‘ sind Dubletten, die etwa auf das erneute Anlegen eines systemseitig bereits erfassten Kunden zurückzuführen sind, sowie sogenannte ‚Karteileichen‘, also Artikel, die seit Jahren nicht mehr zum Sortiment gehören, aber nie aus dem System entfernt wurden.

Fundierte Analysen durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz

Noch detailliertere, intelligentere Analysen ermöglichen Process-Mining-Tools, die mit künstlicher Intelligenz (KI) und selbst lernenden Algorithmen arbeiten. Sie sind in der Lage, aus großen Datenmengen auch Prognosen abzuleiten – Stichwort ‚Predictive Analytics‘. Zum Beispiel können sie Ursachen für Prozessschleifen oder Fehler ermitteln – etwa wiederkehrende Verzögerungen, die sich damit begründen lassen, dass das betreffende Produkt häufigen Preisänderungen unterzogen wurde. Auch die Prognose, wann und wie stark die Nachfrage nach bestimmten Artikeln steigen wird, ist mithilfe von KI-gestützten Process-Mining-Tools möglich.

Um das Auslesen und Aufbereiten von Daten als Basis Process Mining zu vereinfachen, stellen die Anbieter entsprechender Tools und auch einige ERP-Softwarehersteller mittlerweile Konnektoren zur Verfügung. Generell ist damit zu rechnen, dass die Prozessanalysesysteme künftig stärker mit dem ERP-System zusammenwachsen. Denn Themen Prozessoptimierung und Reduzierung der Prozesskosten werden immer wichtiger. Denkbar ist zum Beispiel, dass Kernfunktionen des Process Mining nachträglich oder sogar standardmäßig in die ERP-Lösung integriert werden, also bereits beim Design eines ERP-Systems von Vornherein mitbedacht werden. Damit könnte die Bedienung über eine einzige Benutzeroberfläche erfolgen. Mit solchen Möglichkeiten dürfte der Einsatz von Process Mining in Zukunft wesentlich einfacher werden.

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