End-to-End-Prozessautomatisierung erfordert mehr als ein paar automatische Abläufe. Doch welche Tools sind die richtigen, um die Prozessautomatisierung im Unternehmen auf das nächste Level zu heben?

Eine höhere Produktivität der Prozesse ist ein wichtiger Punkt auf der Digitalisierungsagenda der Unternehmen. Erreicht wird dieses Ziel oft mit Hilfe von Prozessautomatisierung: Laut einer aktuellen Studie erzielten 95 Prozent der Unternehmen 2022 eine höhere Produktivität, indem sie Prozesse automatisierten. Und damit ist es nicht getan: Fast genauso viele der befragten Firmen (91 Prozent) gaben an, in den nächsten 24 Monaten sogar noch weiter in Prozessautomatisierung zu investieren. 

Doch die Prozess(automatisierungs)landschaft ist komplex, es gibt eine Vielzahl unterschiedlicher Tools für die unterschiedlichsten Herausforderungen. Ein Beispiel: Einfache Verfahren der Automatisierung wie RPA (Robotic Process Automation) sind beliebt und bringen oft schnelle erste Erfolge, sind aber bei weitem nicht ausreichend. So wird RPA als Werkzeug in erster Linie dafür eingesetzt, Digitalisierungslücken zu schließen und beispielsweise den Datenaustausch zwischen verschiedenen Anwendungen auf Basis bestehender Benutzeroberflächen zu automatisieren.

RPA ersetzt dabei den menschlichen Bediener, der Daten von Anwendung A in Anwendung B überträgt. Komplexere Aufgaben oder vor allem komplexe Abfolgen verschiedener Aufgaben in einem Geschäftsprozess können mit RPA nicht bewältigt werden, dafür sind andere Tools notwendig.

Für die nächste Stufe der Automatisierung hat sich der Begriff Hyperautomation oder Hyperautomatisierung eingebürgert. Er stammt aus einem Trendbericht der IT-Beratung Gartner. Sie versteht darunter einen geschäftsorientierten, strukturierten Ansatz, mit dem Unternehmen Geschäfts- und IT-Prozesse erkennen, analysieren und automatisieren. Die Beratung betont, dass für erfolgreiche Hyperautomation der orchestrierte Einsatz verschiedener Technologien, Tools oder Plattformen notwendig ist, beispielsweise maschinelles Lernen (ML), Robotic Process Automation (RPA) oder Geschäftsprozessmanagement (BPM)

In vier Schritten zur Hyperautomation

Für Hyperautomation sind vor allem vier Schritte essentiell, die Unternehmen eine funktionierende End-to-End-Prozessautomatisierung ermöglichen, wobei letzten Endes alle automatisierbaren Prozesse in einem Unternehmen auch tatsächlich automatisiert werden sollen. Die vier Schritte sind Erkennen, Gestalten, Automatisieren und Verbessern der Prozesse:

Prozesse erkennen

In vielen Unternehmen ist die geschäftliche Realität zum Teil durch informelle, manchmal chaotische oder zumindest nicht dokumentierte Prozesse bestimmt. Dabei umgehen oft Vereinbarungen zwischen unterschiedlichen Teams oder Geschäftsbereichen offizielle Abläufe. Zudem schaffen Mitarbeitende häufig eigene Routinen für alle Arbeiten, für die es keine Regeln gibt. Für eine umfassende Prozessautomatisierung ist es nun aber entscheidend, dass Unternehmen ihre (wichtigsten) Prozesse kennen. 

Das Werkzeug dafür ist Process Mining. Der Begriff bezeichnet Verfahren, mit denen anhand vorhandener Daten Geschäftsprozesse nachvollzogen und ausgewertet werden. Die entsprechenden Softwarewerkzeuge nutzen bestehende Daten aus IT-Systemen, um Geschäftsprozesse zu rekonstruieren und zu analysieren. Dadurch entsteht eine Beschreibung der Prozesse, die anschließend für ihre Optimierung und Weiterentwicklung genutzt werden kann.

Prozesse gestalten

Mit Werkzeugen für die Prozessmodellierung werden Geschäftsprozesse grafisch dargestellt. Dafür kommen Beschreibungssprachen wie BPMN (Business Process Management and Notation) oder DMN (Decision Model and Notation) zum Einsatz. Mit ihnen werden Prozesse, Geschäftsregeln oder Entscheidungen in einem formalen Modell nachgebildet.

Dadurch entsteht zunächst eine präzise Beschreibung der Prozesse, die einfach zu verstehen ist und dadurch die Zusammenarbeit zwischen Fachbereichen und Entwickler:innen erleichtert. Das Modell ist die Basis für die Automatisierung in einer Workflow-Engine. Doch auch für weitere Aufgaben, wie Schwachstellenanalysen oder die Optimierung organisatorischer Abläufe, ist das Prozessmodell eine gute Grundlage.

Prozesse automatisieren und orchestrieren

Das Ziel sollte nicht nur sein, einzelne Aufgaben zu automatisieren, die von einem Endpunkt ausgeführt werden. Ein Endpunkt kann ein System, ein physisches Gerät oder auch ein Mensch sein. Es geht auch darum, dass Prozesse von Ende zu Ende über mehrere Endpunkte hinweg automatisch ablaufen. Für die Automatisierung gibt es verschiedene Tools:

  • Data-Streaming-Plattformen wie Apache Kafka empfangen Daten von verschiedenen Quellen und leiten sie dann an das richtige System weiter. Damit reagieren Unternehmen in Echtzeit auf Veränderungen in ihren Daten.
  • Front-End-Lösungen sind speziell auf bestimmte Aufgaben und Benutzergruppen zugeschnitten. Sie vereinfachen die Zusammenarbeit und die Eingabe von Daten. 
  • Die bereits in der Einleitung erwähnten Tools für Robotic Process Automation (RPA) wie von UiPath oder Automation Anywhere automatisieren Routinearbeiten, indem sie die Simulation von Benutzerinteraktionen oder einer speziellen Programmierschnittstelle nutzen.
  • Integrationsplattformen (Integration Platform as a Service, iPaaS) wie Zapier oder Power Automate verknüpfen Anwendungen. Sie erzeugen dabei sehr einfache Workflows, die zum Beispiel Dateien synchronisieren, Daten sammeln oder Benachrichtigungen versenden.
  • Low-Code-Plattformen wie Appian oder Pegasystems ermöglichen es, Workflow-gesteuerte Anwendungen für die Prozessautomatisierung zu entwickeln. Dabei werden komplexe Aufgaben wie die Erstellung von Benutzeroberflächen und die Integration von Systemen automatisiert.
  • Machine Learning (ML) ist eine Form der Künstlichen Intelligenz (KI), die es Unternehmen ermöglicht, aus historischen Status- und Prozessdaten Prognosen und Entscheidungen abzuleiten. Voraussetzung ist dabei ein großes Datenvolumen in hoher Qualität. 
  • Prozessorchestrierung kann als Dirigent der Geschäftsprozesse betrachtet werden. Dieser ist wichtig, da es bei der Automatisierung von End-to-End-Prozessen zwei Hürden gibt: Zum einen die Prozesskomplexität. End-to-End-Prozesse verlaufen selten nach einem linearen Schema, sondern haben zahlreiche parallel laufende Prozesse, müssen auf Ereignisse oder Zeitbedingungen warten oder Aktivitäten bei Bedarf unterbrechen. Tools für die Prozessorchestrierung können diese Abhängigkeiten zwischen Aufgaben managen und koordinieren. Die zweite Herausforderung ist die Vielzahl an Endpunkten, die einzelne Aufgaben innerhalb des Prozesses ausführen. Prozessorchestrierung hilft, dass die unterschiedlichen Endpunkte, egal, ob es sich dabei um Systeme, Endgeräte oder Personen handelt, untereinander kommunizieren und integriert sie entsprechend.

Prozesse verbessern

Prozessautomatisierung ist keine einmalige Aktion, sondern eine kontinuierliche Aufgabe. Es ist wichtig, alle automatisierten Prozesse permanent zu überwachen und zu optimieren. Nur so wird erkennbar, ob sie weiterhin korrekt arbeiten und den Anforderungen des Unternehmens entsprechen. Die besten Analysemöglichkeiten bieten Tools, die BPMN-Diagramme mit Echtzeit-Analysen verknüpfen und beispielsweise in Heatmaps deutlich machen, ob der Prozess läuft und wo es ggf. zu Engpässen kommt.

Beispiel einer Prozess-Heatmap

Fazit

Hyperautomation bedeutet systematisch seine Prozesse zu automatisieren, ohne bei unabhängigen Insellösungen stehen zu bleiben. Dazu bedarf es einen auf die eigenen Anforderungen abgestimmten Mix an Werkzeugen für Mining, Modellierung, Automatisierung, Orchestrierung und Monitoring der Prozesse, sonst bleibt Hyperautomation schnell hinter den Erwartungen der Unternehmen zurück.

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