In vielen Unternehmen bestimmen nach wie vor finanzielle Kennzahlen die Unternehmenssteuerung. Diese Kennzahlen sind im Allgemeinen vergangenheitsorientiert. Sie sind für die Realtime-Vorbereitung von Korrekturmaßnahmen in den operativen Abläufen nicht geeignet.

Dies ist insbesondere vor dem Hintergrund erstaunlich, dass in vielen Branchen der Zeitwettbewerb mittlerweile längst den Kostenwettbewerb überflügelt hat, und die Erfassung von Zeitgrößen im Unternehmen noch bei Weitem nicht so fortgeschritten ist wie die Erfassung und Zuordnung von Kosten.

Um ein Unternehmen langfristig und nachhaltig zu führen, ist es folglich nicht ausreichend, nur monetäre Größen zu überwachen und zu lenken. Ergänzend dazu gilt, dass ein Monitoring dort etabliert werden muss, wo die eigentliche Wertschöpfung stattfindet und sich Entscheidungen direkt auf Kosten, Qualität und Durchlaufzeiten auswirken.

Trotz der im Laufe der letzten Jahre zunehmenden Verbreitung der Grundgedanken des Prozessmanagements, sind in der Praxis immer noch selten durchgängige Prozessmanagementsysteme anzutreffen. Die Umsetzung beschränkt sich in vielen Fällen auf die Modellierung von Prozessen. Ganzheitliche Prozesscontrolling-Systeme sind insbesondere im Mittelstand immer noch Mangelware. Es fehlen v. a. geschlossene Prozesskennzahlensysteme mit einer konsistenten Erfolgsausrichtung über sämtliche Führungsebenen hinweg.

Die Entwicklung und der konsequente Einsatz eines prozessorientierten Bewertungssystems ist aber von essenzieller Bedeutung, um vor allem der Kosten-, Zeit- und Qualitätsverantwortung im Prozess gerecht werden zu können. Grundlage zur Erreichung des Hauptziels jedes Unternehmens, den Unternehmenswert zu erhalten und nachhaltig zu steigern ist, in dem von Kunden wahrgenommenen Bereichen besser, billiger und schneller zu werden.

Deshalb ist eine eindimensionale Bewertung von Prozessstrukturen nicht ausreichend. Es sind Kennzahlen zu verwenden, die einen mehrdimensionalen Blick ermöglichen, Prozessstrukturen quantifizieren und dadurch eine ganzheitliche Sicht gewährleisten können.

Üblicherweise liefert nach wie vor das betriebliche Rechnungswesen den Großteil der Kennzahlen zur Vorbereitung von Managemententscheidungen. Aufgrund des dadurch fehlenden Bezugs zu den Geschäftsprozessen bleibt die Entscheidungsrelevanz für die Gestaltung wirtschaftlicher Prozesse häufig anzuzweifeln. Hieraus ergeben sich folgende acht Anforderungen an ein geschlossenes Prozesskennzahlensystem:

  • Abbildung des Gesamterfolgs einer geschlossenen Prozesskette
  • konsistente Datenbasis für strategisches Management und operatives Controlling
  • Prüfung der Kundenanforderung retrograd entlang der Leistungskette
  • schnellere Entscheidungsmöglichkeiten für komplexe Entscheidungen
  • einheitliche Entscheidungsgrundlagen für Entscheidungsteams unterschiedlicher Bereiche
  • Klärung der Zielausrichtung auf Basis der Kundenanforderungen bei mehrdimensionalen Entscheidungen (Qualität, Zeit, Kosten, Wert, u. a. m.)
  • Harmonisierung der Einzelziele zum Gesamterfolg
  • Umsetzbarkeit der Erfolgsausrichtung auf allen Unternehmens­ebenen

Innerhalb eines Prozesskennzahlensystems werden ergebniswirksame Einflussparameter in wert- und kostenmäßigen Logiken zusammengeführt. Für die Prozesskennzahlen werden Zielwerte festgelegt, Ist-Werte gemessen und bei Abweichungen Steuerungsmaßnahmen ab- und eingeleitet.

Datenstruktur das zentrale Element für den Erfolg

Von elementarer Wichtigkeit für die Funktionsweise und Tauglichkeit eines Prozesskennzahlensystems ist die zugrunde liegende Datenstruktur. Folglich ist die größtmögliche Sorgfalt bei der Entwicklung und Definition des Datenmodells zu verwenden. Gerade auch wenn die Einführung eines Prozesskennzahlensystems durch die Einführung einer Prozesskostenrechnung flankiert wird, muss eine klare Datenstrukturierung in einem dokumentierten Datenmodell vorangestellt werden. Solche Datenbanken können heute auch ohne spezifisches Informatik-Know-how mit komfortablen Datenbankanwendungen (z. B. Access, Oracle) durchgeführt werden.

Effektivitätskennzahlen als Richtwert für die Zielerreichung des Prozessmanagements

Bei der Auswahl geeigneter Kennzahlen wird grundsätzlich zwischen Effizienz- und Effektivitätskennzahlen unterschieden.

Effektivitätsbezogene Kennzahlen messen die Zielerreichung, also das Verhältnis zwischen Soll- und Istwert, während effizienzbezogene Kennzahlen die Beziehung zwischen Aufwand und erzieltem Ergebnis beschreiben. Die Kombination beider Sichtweisen ermöglicht die Führung von Geschäftsprozessen nach dem Wirtschaftlichkeitsprinzip, indem Aufwand und Ergebnis konsequent in Beziehung gesetzt bzw. gegenübergestellt werden.

Effizienzbezogene Kennzahlen als Indikator der Leistungserstellung

Während effektivitätsbezogene Kennzahlen die Merkmale der Leistung beschreiben, bilden effizienzbezogene Kennzahlen die Aufwände für die Leistungserstellung ab. Also den Ressourcenverbrauch, der durch die Aktivitäten des Prozesses entsteht, in Bezug auf die Prozessleistung. Um bestimmte Aspekte einer Prozessleistung besonders hervorzuheben, kann es notwendig sein, diese Kennzahl nach bestimmten Kriterien weiter zu detaillieren.

Ein Beispiel ist die Differenzierung des Deckungsbeitrags nach Auftragsgrößen oder Produktlinien. Effizienzkennzahlen, als Quotient aus Zielerreichung und des zugeordneten Mitteleinsatzes, werden typischerweise in Geldeinheiten gemessen. Relevant für die Prozessführung sind somit vor allem Kostenträgerrechnung, Prozesskostenrechnung und die Deckungsbeitragsrechnung, sodass insbesondere Stückkosten, Deckungsbeiträge oder Prozesskostensätze als Führungsgrößen insbesondere bei Fertigungsunternehmen infrage kommen.

Der wichtigste Parameter zur Beurteilung der Prozesseffektivität ist die Kundenzufriedenheit. Die wichtigsten Parameter der Prozesseffizienz sind Prozesszeit, Termintreue, Prozessqualität und Prozesskosten. Diese Leistungsparameter sollten in allen Geschäftsprozessen als Basis für die Messung der Prozessleistung verwendet und als Standard-Leistungsparameter betrachtet werden. 

Gerade aus dem Umstand heraus, dass viele Unternehmen Ihren Wettbewerbsvorteil aus Ihrer Prozessgestaltung ziehen, sind auch die Ansatzpunkte und konkreten Ausgestaltungsformen des entsprechenden Controlling-Modells mit hoher Individualität zu versehen.

Zu beachten ist, dass Entscheider, Prozessmanager und Führungskräfte zu Recht nach einem einfachen (in der Anwendung), systematischen (bei der Entscheidungsvorbereitung), institutionalisierbaren, realitätsnahen (in den Kennzahlen), konsistenten (bzgl. der Eingangsdaten) und dennoch möglichst aufwandsminimalen (bei der Datenerfassung) Prozesscontrolling-System verlangen.