DER PROZESSMANAGER: Bei der PMMG verstehen Sie Prozesse als Herz jeder Unternehmung. In den letzten Jahren haben Sie das PMMG-Beratungsteam für Prozessmanagement ausgebaut und ertragsfähig gemacht. Welche fachlichen und persönlichen Fähigkeiten sollte ein Prozessmanager besitzen, der für Sie arbeiten will?

Christoph Stammel: Bei unseren Beratern achte ich vor allem auf den Charakter und die Einstellung. Wir haben den Anspruch gemeinsam mit unseren Kunden deren Probleme in ihren Arbeitsabläufen zu lösen. Daher muss jeder PMMG-Berater in der Lage sein, substanzielle Lösungen für komplexe Probleme zu erarbeiten und diese partnerschaftlich mit unseren Kunden umzusetzen. Gleichzeitig ist das auch die Brücke zu unseren Werten Substanz, Partnerschaft und Vielfalt. Wer diese Eigenschaften mitbringt sollte sich logischerweise auch als Mitarbeitender bei PMMG wohl fühlen.

Bei den fachlichen Fähigkeiten sind Wissen und v.a. Praxiserfahrungen aus dem Prozessmanagement (Lean Management, Six Sigma, o.ä.) oder aus dem Systems Engineering (Design Thinking, SCRUM, o.ä.) wünschenswert. In den letzten beiden Jahren habe ich allerdings auch viel investiert, die Methoden und Tools zum Prozessmanagement, die sich in unseren Projekten bewährt haben, so aufzubereiten, dass wir heute auf eine breit aufgestellte Wissensdatenbank zurückgreifen können.

Wenn die Persönlichkeit und Einstellung stimmen, ein gewisses Grundlagenwissen und erste Erfahrungen im Prozessmanagement vorhanden ist, machen wir unsere Berater schnell fit für unseren Projekt-Alltag.

DER PROZESSMANAGER: Vor kurzem haben wir über Ihre Case Study bei der Biral AG – dem Projekt Charlie – ausführlich berichtet. Sie haben dazu mit Ihrem Partner ViCon einen ausführlich aufbereiteten Bericht geschrieben und medial umgesetzt. Was war der Grund, warum Sie genau dieses Projekt ausgewählt haben?

Christoph Stammel: Zum einen hat alleine der Projekttitel schon eine gute Geschichte. Der Projekt-Sponsor von Biral, Thomas Klossner, hatte beim Thema Prozesse Charlie Chaplin in Modern Times vor Augen, und sah Prozessmanagement als die Komponente, die ein Getriebe zum Laufen bringt und dafür sorgt, dass die Zahnräder ineinandergreifen. Dieser Blick auf Prozessmanagement in einem Unternehmen hat mich von Anfang an fasziniert, weswegen ich ihn auch gerne mit allen anderen teilen wollte.

Zum anderen haben wir im Projekt Charlie nahezu alle Facetten des Prozessmanagements, von der Analyse über Design und Digitalisierung bis hin zum Change-Management und einer KPI-basierten Führung von Arbeitsabläufen. Aus diesem Grund können wir mit dem Projekt einen guten Einblick in unsere Projektarbeit geben und der Welt zeigen, wie man Prozessmanagement im Mittelstand heute umsetzen kann.

DER PROZESSMANAGER: Eines der Credos bei Ihrem Vorgehen ist es die Personen in den Mittelpunkt der Prozesse zu stellen. Wie ist es Ihnen gelungen alle Mitarbeitenden bei der Biral AG abzuholen?

Christoph Stammel: Das Projekt Charlie läuft noch und es wäre vermessen zu behaupten, wir hätten schon alle Mitarbeitenden von Biral abgeholt. Jedoch arbeiten wir kontinuierlich daran alle mitzunehmen, ganz nach dem Motto „der stete Tropfen höhlt den Stein“.

Im Projekt sind wir von oben nach unten vorgegangen und haben immer wieder die verantwortlichen Personen in Einzelgesprächen oder abteilungsübergreifenden Workshops mitgenommen. Der erste Schritt war ein Workshop mit dem Biral Management-Team, in dem wir die Prozesslandschaft von Biral „aufgeräumt“ und verantwortliche Personen benannt haben. Im Anschluss haben wir mit den jeweils Verantwortlichen die Prozesse weiter ausgearbeitet und immer wieder neue Personen mit dazu genommen. Wichtig hierbei war unser nach konkreten Anwendungsfällen strukturierter Ansatz. Es war immer klar, warum eine Person im Raum war und welcher Beitrag geleistet werden sollte. Das ging von der Erarbeitung von Prozessen über die Absicherung von dem was erarbeitet wurde, bis hin zur Kommunikation an die entsprechenden Mitarbeitenden.

Vor kurzem wurden wir vom Führungsteam als Charlie-Projektteam zur Vertriebstagung der Export-Märkte (alles außerhalb der Schweiz) eingeladen, um gemeinsam mit allen Mitarbeitenden Verbesserungen für die Arbeitsabläufe inkl. entsprechendem Plan zu erarbeiten und diesen in die Tat umzusetzen.

Alle Beteiligten miteinzubinden und vor allem auch bei den Personen, die die Prozesse jeden Tag in ihrer Arbeit ausführen, zu fragen was man wie besser machen kann, ist für mich der entscheidende Erfolgsfaktor, um Prozessmanagement in der Praxis umzusetzen.

DER PROZESSMANAGER: Im Bericht sprechen Sie konkret von einer “Verbesserung der Kommunikation der Handelnden”. Was war hier die Ausgangslage und wie konnten Sie das mit Ihrem Team erreichen?

Christoph Stammel: Die Ausgangslage vor dem Projekt Charlie war die, die man meiner Erfahrung nach früher oder später in jedem Unternehmen vorfindet. Die Arbeitsabläufe sind von Silodenken in Abteilungen (in der Schweiz „Gärtli-Denken“) bestimmt und das Verständnis über die abteilungsübergreifenden Schnittstellen und Abhängigkeiten fehlt. Wir hatten ein gewachsenes Managementsystem mit vielen guten Inhalten, welches aber nicht genutzt wurde, weil es unübersichtlich und nicht praktikabel für das Tagesgeschäft war.

Dies hatte das Führungsteam von Biral erkannt und uns dann dazu geholt, um gemeinsam eine Lösung zu erarbeiten und die Veränderung in der Organisation umzusetzen.

Zurückblickend war der Schlüssel zum Erfolg die Ausrichtung an den Biral Markenwerten und dem, was der Kunde von Biral erwartet. Das hat alle Beteiligten unabhängig von der Abteilung geeint und wir konnten auf ein gemeinsames Ziel hinarbeiten: die Prozesse so zu definieren, dass die Markenwerte gelebt und die Kundenanforderungen erfüllt werden. Wichtiger Fakt hierbei ist auch noch, dass die Prozesse intern so aufgestellt werden, dass jeder ein Arbeitsumfeld hat, in dem er oder sie gerne arbeitet. Schafft man das, ist eine gute Prozessleistung in meinen Augen die logische Konsequenz.

Über unser Vorgehen konnten wir im Projektverlauf die abteilungsübergreifende Zusammenarbeit mit klaren Verantwortlichkeiten und regelmäßigen Meetings mit allen Beteiligten deutlich verbessern. So haben wir auch das ein oder andere „Nugget“ an Verbesserungsvorschlägen von beteiligten Mitarbeitenden hervorgeholt, was sonst unter der Oberfläche verborgen geblieben wäre.

DER PROZESSMANAGER: Abschließend noch eine Einschätzung: Im Interview mit Experte Stefan Becker fiel die Aussage “Agilität und Prozessmanagement schließen sich nicht aus.” Wie stehen Sie zu dieser Aussage?

Christoph Stammel: Ich finde diese Aussage gut und lege sogar noch einen drauf: in der heutigen Zeit, in der sich alles so schnell verändert, bedingen sich Agilität und Prozessmanagement und können gar nicht ohne einander.

Betrachten wir zwei Extremszenarien. Arbeiten sie ausschließlich nach dem agilen Credo, sind sie sehr gut in einzelnen Themen oder Projekten, verlieren aber Synergien und damit Effizienz über mehrere Themen und Projekte hinweg bzw. haben dabei einen hohen Koordinationsaufwand. Arbeiten sie nur nach Prozessen, können sie viele Effizienzen realisieren, verlieren aber die Flexibilität, um auf Veränderungen zu reagieren.

Wenn wir aber nun die beiden Themen Agilität und Prozessmanagement miteinander verbinden und das beste aus beiden Welten vereinen, erhalten wir eine Systematik, mit der sie effizient arbeiten und stabil auf jede Veränderung reagieren können.

Daher bin ich der Meinung wir sollten nicht mehr in entweder-oder denken, sondern jeden Baustein nutzen, der uns bei den heutigen unternehmerischen Herausforderungen hilft. Es fehlt uns ja heute weder an Methoden noch an Tools. Die entscheidende Frage ist, finde ich das Richtige, um meine Arbeit besser zu machen.

DER PROZESSMANAGER: Vielen Dank Herr Stammel! Und natürlich weiterhin viel Spaß und Erfolg bei der Umsetzung Ihrer Projekte bei der PMMG!

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