Die Lean Maritime GmbH setzt auf Lean-Methoden in der Einzelfertigung. Dazu gehört auch das Lean Management in der Bauindustrie – das Lean Construction Management. Was sich hinter dem Begriff „Lean Construction“ verbirgt, verrät Ihnen Theo Herzog, Gründer und Partner der Managementberatung, im exklusiven Interview.

DER PROZESSMANAGER: Lean Maritime ist eine Managementberatung mit dem Fokus auf Schwerindustrien und kapitalintensive Projekte. Tätig ist die Beratung im Schiffsbau bzw. Schiffsbetrieb sowie der Offshore- und Bauindustrie. Warum haben Sie sich auf diese Bereiche fokussiert?

Theo Herzog: Wir übertragen Lean-Methoden aus der Serienproduktion, die wir bei Porsche gelernt und weiterentwickelt haben, auf die komplexe Projektindustrie. Anders als in der Serienproduktion sind alle Projekte Unikate. Darin liegt die besondere Herausforderung. Um einen rationalen Ablauf in der Konstruktion und in der Herstellung zu erreichen, ist es notwendig, die Projektstrukturen spezifisch für diese Unikate nach schlanken Prinzipen aufzubauen und das Projekt anschließend systematisch abzuwickeln. Der Bedarf hat sich bei Porsche durch Anfragen gezeigt und wir wollten unser Know-how für diese Aufgabe vertiefen. Unser Fokus liegt seither auf der Abwicklung von komplexen Großprojekten.

DER PROZESSMANAGER: Ihre Managementberatung setzt auf Lean-Methoden. Dazu gehört auch das Lean Management in der Bauindustrie – das Lean Construction Management. Was genau ist Lean Construction? Eignet sich diese Methode für alle Projekte in der Bauindustrie?

Theo Herzog: Lean Construction beschreibt eine Vorgehensweise, wie einzelne Großbauprojekte im Takt und Fluss effizient geplant und abgewickelt werden. Dabei verlässt man die traditionelle Organisation, wie bspw. die Zergliederung eines Projektes und die Fertigstellung durch Nachunternehmer bei minimaler eigener Steuerung, und geht in strukturiertere, kurzzyklische und kontrollierbare Projektstrukturen mit transparenter Steuerung über. Die Methoden sind generell auf alle Projekte anwendbar.

DER PROZESSMANAGER: Welche Chancen und Risiken birgt das Lean Construction Management?

Theo Herzog: Mit dem Aufbau eines systematischen Produktionssystems gelingt es einem Bauunternehmen, alle Methoden zur Optimierung der Abwicklung unter einem Dach zu vereinen. Das Produktionssystem ist für die Mitarbeiter trainierbar und erlernbar, so dass die Nachhaltigkeit für die Anwendung gesichert wird. Das Thema Lean Construction darf aber nicht durch die zahlreichen theoretischen Ansätze verkompliziert werden. Bei allen Optimierungen und neuen Methoden muss man die einzelnen Mitarbeiter auf der Baustelle ebenso mitnehmen. Am Ende geht es um die termingerechte und kostenoptimierte Abwicklung eines Projektes.

DER PROZESSMANAGER: Die Entwicklung und Etablierung von Lean-Methoden in Organisationen ist oftmals mit Schwierigkeiten verbunden. Welchen Herausforderungen stellen Sie sich vor allem bei der Einführung von Lean Construction Management? Wie gehen Sie mit diesen Herausforderungen um?

Theo Herzog: Die Herausforderung liegt in den immer neuen Standorten der Bauprojekte und den wechselnden Projektbeteiligten. Es ist recht einfach in einem Pilotprojekt erste Erfolge in der Umsetzung von Lean Construction auszuweisen. Um Nachhaltigkeit zu erreichen ist es jedoch besonders wichtig, die Projektbeteiligten am Anfang jedes neuen Bauprojektes zu schulen und die Umsetzung zu begleiten. Es gibt spezielle Schulungsmodelle, die jeder Nachunternehmer durchlaufen muss. Eine ganzheitliche Veränderung der Unternehmenskultur zu mehr Leistung, besserer Termineinhaltung und höherer Qualität erfordert Konsequenz und einen langen Atem.

DER PROZESSMANAGER: Ihr Beratungsschwerpunkt liegt „auf der operativen Effizienz bei einmaligen, großen und komplexen Projekten“. Was war Ihr spannendstes bzw. schwierigstes Projekt?

Theo Herzog: Der Bau eines Wasserkraftwerks in den Amazonas. Das war mit mehreren Mrd. Dollar Projektvolumen sowohl das schwierigste als auch das lehrreichste Projekt. Die Logistik war äußerst komplex. Zum Beispiel hat die Anlieferung einer Turbine mit zehn Metern Druchmesser von der Produktion bis zur Baustelle sechs Monate gedauert. Hierfür wurden sogar neue Straßen ins Sumpfgebiet gebaut. Lehrreich war die Mitwirkung an diesem Bauvorhaben auch deshalb für uns, weil es im Spannungsfeld der modernen Technik erneuerbarer Energien, dem hohen Ziel des Naturerhalts und einigem Widerstand aus der Bevölkerung umgesetzt wurde. Trotz der Unwägbarkeiten musste alles minutiös geplant und abgewickelt werden.

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