Ist die Arbeitswelt wie wir sie kennen noch zeitgemäß? Veraltete Strukturen und Arbeitskulturen geprägt von Automatismen, Grenzen und Monotonie sterben aus. Der Begriff „Arbeit“ wird neu definiert und erfährt in vielerlei Hinsicht für den Menschen einen neuen Stellenwert. Digitalisierung, globale Märkte und globales Networking sowie im Trend liegende Werte und Erwartungen, wie Selbstständigkeit, Handlungsfreiheit und Selbstverwirklichung, lassen Zweifel aufkommen, ob die Arbeitswelt -wie wir sie kannten – noch zeitgemäß ist. Es entstehen neue Branchen und Berufsfelder und neue Kompetenzen werden durch neue Technologien immer gefragter.
Talente, welche das New Work Zeitalter verstanden haben und nach diesen Werten arbeiten und leben, sind schwieriger zu umwerben. Arbeit ist nicht länger das Mittel zum Zweck. Neben dem Geld als Tauschgut stehen intrinsische Werte, wie Sinn und Selbsterfüllung im Job, im Vordergrund. New Work zielt auf diesen Gedanken: Der einzelne Arbeitnehmer steht im Mittelpunkt. Der Mensch arbeitet nicht um zu leben und nur zum Arbeiten lebt er nicht.
Das Gleichgewicht zu finden ist die Herausforderung, der sich Arbeitgeber jetzt stellen müssen. Eine entfesselte Kultur der Kreativität und Potentialentfaltung steht der rational handelnden Leistungsgesellschaft gegenüber. Die Symbiose beider, in einem gesunden Mix, kann mittelfristig zum Erfolg führen und im Unternehmen nachhaltig die Arbeitskultur und damit die Produktivität verbessern.
New Work = Neue Anforderungen?
Der Berufsalltag entwickelt eine derartige Eigendynamik, bei der die Beschäftigung an einem geografisch festen Arbeitsplatz mehr und mehr zum Hindernis wird. Branchenübergreifend, ob im B2B oder im B2C Bereich, werden Anfragen in Echtzeit bearbeitet und wird genau das vom Kunden auch erwartet. Interne Arbeitsprozesse müssen daher zunehmend beschleunigt und digitalisiert werden, um Kundenanforderungen und Marktstandards gerecht zu werden. Eine Schlüsselrolle spielt dabei natürlich die Zeit, mit der durch Remote Arbeit, Online Meetings und webbasierte Projektmanagement-Tools effizienter umgegangen werden kann.
Kosten- und zeitintensive Meetings in Person, an einem Standort, Agenden, Protokolle und daran anschließende langwierige und abstimmungsbedürftige Entscheidungsstrecken gehören der Vergangenheit an. Denn bei aller Euphorie über neue Technologie ist New Work eben keine rein technische Lösung, sondern eine Geisteshaltung und Herangehensweise und damit zentraler Teil der Unternehmenskultur.
Neue Werkzeuge für die Unternehmenswelt
Agile Arbeitsmethoden, projektorientierte und vor allem simultane Arbeit an mehreren Projekten bedingen, dass Mitarbeiter unterschiedlicher Fachrichtungen und Abteilungen nahtlos zusammenarbeiten können. Eine erfolgreiche dezentrale Zusammenarbeit profitiert dabei von sinnvoll eingesetzten Softwarelösungen. Nicht jedes Tool kann alle Bedürfnisse abdecken und muss vor allem auch in die bestehenden Lösungen im Unternehmen integrierbar sein.
So können Task-Management-Tools (z.B. Slack, Meistertask) die Teamkommunikation und persönlichen Aufgabenbereiche gut abbilden, während andere Lösungen schon in den Bereich BI vorstoßen. Umfangreichere Lösungen (u.a. Asana) erlauben nicht nur Projekte und Aufgaben teamübergreifend zu verwalten, sondern geben Führungskräften und Teamleadern in Portfolios den Gesamtüberblick. Dieser zeigt Projektfortschritte, Workloads aller Teammitglieder und sogar Warnungen, wenn Deadlines näher rücken oder Mitarbeiter an die Auslastungsgrenzen kommen. Hier geht es aber weniger um eine top-down Arbeitsverteilung durch den Vorgesetzten.
Im Gegenteil, wer diese Plattform offen im Team verwendet und gemeinsam Workloads verteilt, Ziele und Deadlines setzt und gleichzeitig die Arbeit der Teammitglieder begleitet (Kommentare, Lob, Hilfestellung, Feedback) schafft mehr Übersicht, steigert den Teamspirit, minimiert Fehler und steigert die Produktivität.
Neue Tools werden zum Alltagsbegleiter
Unternehmen, die beispielsweise schon über eine Microsoft-Systemlandschaft verfügen, können hier aktuell (auf Anfrage teils kostenlos) von der Erweiterung um fertige Lösungen profitieren. Gerade im Bereich Teamkollaboration und interner Unternehmenskommunikation hat Microsoft mit Teams und Yammer seit geraumer Zeit funktionierende Lösungen am Markt, die einen schnellen Rollout und eine reibungslose Integration begünstigen.
Teams erlaubt unternehmensweit die Funktionen für Video- und Telefonmeetings, Chats und Sofortmeetings (mit Outlook- und Kalenderintegration), sowie Echtzeit-Whiteboards und Filesharing zu nutzen. Office Dokumente können zudem in Echtzeit von mehreren Mitarbeitern gleichzeitig bearbeitet werden und sämtliche Funktionen stehen auch in einer mobilen App zur Verfügung. Sharepoint Anbindung, Integration der gängigsten Microsoft Anwendungen und sogar vieler Drittanbieter Lösungen, runden die Nutzererfahrung ab. Weniger umfangreich aber mindestens genauso effektiv ist Yammer, die Microsoft Social Network Lösung für die interne Unternehmenskommunikation. Hier kann in Newsfeeds und Kanälen gepostet, geliked, geshared und kommentiert werden, ganz im Look & Feel von Facebook, LinkedIn und Co.
Gerade in Zeiten einer Krise und verstreuter Mitarbeiter im Home Office, eine wichtiges Kommunikationstool, aber auch losgelöst davon, ein Weg um die Unternehmenskommunikation zu verändern. Anstelle einer Top-Down-Kommunikation ausgehend von Geschäftsführung zu Angestellten, haben hier alle Mitarbeiter die Möglichkeit sich je nach Interesse und Expertise zu Themen auszutauschen.
Die Regeln des Umgangs bleiben dabei automatisch in Takt, nur kann man hier ohne Hierarchien und über Abteilungsgrenzen hinweg Wissen teilen und miteinander in Kontakt bleiben.
Neue Strukturen werden zwangsläufig entstehen
Die Einführungen solcher Tools will aber dennoch gut überlegt und geplant sein, vor allem im Hinblick auf die bestehenden Systeme im Unternehmen. Für welche Teamgrößen und Projekte ist die Lösung geeignet, welche Prozesse lassen sich abbilden, und sollen alte Prozesse ersetzt, übernommen oder gemischt werden?
Gibt es Anbindungen an bestehende BI, CM oder CRM Systeme und sind diese notwendig? Empfehlenswert ist eine 30 tägige Testphase mit dem kompletten Team. Auch wenn dies für Mitarbeiter und Teamleader zusätzliche Arbeit bedeutet, lohnt sich der Mehraufwand, da man nur so zu belastbaren Ergebnissen kommt und von vornherein alle Teammitglieder involviert sind. Viele Lösungen bieten bereits Connectoren für gängige in Unternehmen eingesetzte Softwarelösungen (DV, BI, CM, CRM, HR etc.) oder können über Schnittstellen eingebunden werden.
Auch hier sind ausführliche Testläufe, präzise Kostenabschätzungen und frühe Einbeziehung alle Unternehmensbereiche unabdingbar. Ein verfrühter Rollout kann dazu führen, dass Prozesse in einer strukturellen oder technischen Sackgasse landen, und nur unter hohem Kostenaufwand wieder angebunden werden können. Mit etwas Kreativität, dem Einsatz von intermediären Tools oder eine Bot-basierten Lösung, lassen sich aber auch diese Hürden schnell überwinden.
New Work ist eine Frage der Einstellung
Arbeiten wird technischer. Die dabei eingesetzten digitale Tools werden zahlreicher und der Arbeitsalltag sowohl örtlich als auch zeitlich fragmentierter. Umso wichtiger ist es innerhalb von Teams (und parallel im gesamten Unternehmen), diese neue Arbeitskultur zu etablieren und dabei bestehende Strukturen nach und nach zu wandeln. Gleichzeitig aber auch das Change Management nicht zu vernachlässigen und Mitarbeiter früh durch Mitgestaltung, Feedback und Schulung einzubeiziehen. Neben kollaborativem Arbeiten im beruflichen Alltag, sind auch Offenheit und Transparenz im Unternehmen eine wichtige Grundlage für New Work Ansätze. Möglicherweise muss eine neue Organisationsstruktur etabliert werden, welche flachere Hierarchien aufweist und durch die Partizipation des Einzelnen an Entscheidungsprozessen, die im Trend liegenden Werte erfüllt. Ähnlich wie andere Digitalisierungsthemen ist New Work kein Trend der an Unternehmen vorbeigehen wird, sondern ein Wandel unserer Arbeitskultur mit dem Mitarbeiter im Zentrum.
Eine einheitliche Lösung gibt es hierbei allerdings nicht, denn welche der Konzepte im Unternehmen funktionieren, muss individuell erprobt werden. Wer neue Arbeitsformen blindlings einführt ohne die Anforderungen und Arbeitsprozesse innerhalb von Teams, Standorten oder ganzen Unternehmen genau zu betrachten, kann dadurch erheblichen Schaden anrichten. Open Workspaces können dazu führen, dass Mitarbeiter nicht mehr in der Lage sind sich über längere Zeiträume zu konzentrieren, können aber gleichzeitig zu Teambuilding, Wissenstransfer und verbesserter Arbeitsatmosphäre beitragen. Auf der anderen Seite führt Remotearbeit ggf. zu mehr „Focus Time“ und höherer Flexibilität, doch der direkte Austausch im Team fehlt und andere Ablenkungen können sich störend auswirken. Die Erfahrung zeigt, dass es durchaus sinnvoll sein kann, verschiedene Konzepte zeitgleich einzuführen, um je nach Teamkonstellation möglichst ideale Arbeitsbedingungen zu schaffen. So unangenehm die Schlussfolgerung für manche sein mag, aber die unternehmensweite Vereinheitlichung von Arbeitsweisen und -prozessen kann und wird es in naher Zukunft nicht mehr geben.
Über den Autor
Robert Kampf ist Senior Marketing Manager bei der cronos Unternehmensberatung GmbH. Er gestaltet die Öffentlichkeitsarbeit der etablierten Consulting-Firma und erstellt in regelmäßigen Abständen fachliche Artikel aus den laufenden Beratungsprojekten.
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