Nahezu neun von zehn IT-Experten (89 %) sind der Meinung, dass Prozessautomatisierung im letzten Jahr zum Unternehmenswachstum beigetragen hat. Doch während acht von zehn befragten IT-Spezialisten (82 %) sagen, dass Prozessautomatisierung im letzten Jahr an Priorität gewonnen hat, sind Unternehmen immer noch mit Herausforderungen konfrontiert, die eine unternehmensweite Einführung behindern.

Zu diesen Ergebnissen kommt die Studie „Stand der Prozessautomatisierung 2022“, für die Camunda bereits zum zweiten Mal über 600 IT-Entscheider in Deutschland, UK, Frankreich und den USA befragt hat.

„Unser Bericht „Stand der Prozessautomatisierung 2022“ zeigt, wie Unternehmen mit Prozessautomatisierung Mehrwerte schaffen, indem betriebliche Abläufe effizienter gestaltet und Mitarbeiter entlastet werden, indem repetitive Aufgaben entfallen. Dadurch können sie sich auf strategisch wichtige Themen fokussieren.“, sagte Jakob Freund, Chief Executive Officer bei Camunda. „Um den größtmöglichen Nutzen aus Prozessautomatisierungsinitiativen zu ziehen, müssen IT- und Business-Abteilungen jedoch eng zusammenarbeiten und auf eine cloudbasierte, offene Architektur setzen.“

Die Mehrheit der Befragten IT-Experten gab an, dass die Automatisierung von Prozessen in ihren Unternehmen immer wichtiger wird: 

  • 92 Prozent bezeichnen Prozessautomatisierung als „wesentlichen Faktor“ der digitalen Transformation
  • Ein Drittel (33 %) gab an, dass sich die Ausgaben für Prozessautomatisierung innerhalb eines Jahres amortisiert haben oder der ROI sogar bei über 100 % liegt
  • Nahezu neun von zehn (88 %) sagten, dass ihre Organisation plane, die Investitionen in Prozessautomatisierung in den nächsten zwei Jahren zu erhöhen, wobei 46 % sogar eine erhebliche Erhöhung planen.

Die Umfrage zeigt aber auch, dass Unternehmen bei der Einführung immer noch mit Herausforderungen konfrontiert sind. Nur zwölf Prozent der Befragten gaben an, dass sie ihre Initiativen zur Prozessautomatisierung in diesem Jahr wie geplant umsetzen konnten. Gründe dafür sind u. a. veraltete Technologien (78 %), Unkenntnis wie und wo angesetzt werden soll (75 %) und unzureichendes Wissen zu Fachbegriffen wie Hyperautomatisierung oder Robotic Process Automation (RPA) (65 %).

In den Unternehmen der befragten IT-Entscheider wird Prozessautomatisierung für eine Vielzahl von Aufgaben genutzt. Diese umfassen alles vom Informationsaustausch bei IoT-Geräten bis hin zu Telco/Voice-Interaktionen. Zum zweiten Mal in Folge führt IoT die Liste der beliebtesten Anwendungsfälle für automatisierte Prozesse an: Fast die Hälfte (47 %) der befragten Unternehmen setzt Prozessautomatisierung in diesem Bereich ein. Weitere beliebte Anwendungsfälle sind Websites und Kundenportale (45 %), APIs (41 %) und Unternehmensanwendungen (40 %).

IT-Verantwortliche nannten eine Reihe von wirtschaftlichen Gründen für die Durchführung von Initiativen zur Prozessautomatisierung. An erster Stelle stand dabei zum zweiten Mal der Wunsch, einem besseren Kundenservice zu bieten (32 %). Weitere Gründe waren eine Unternehmensstrategie, die eine digitale Transformation vorschreibt (27 %), Kosteneinsparungen (27 %) und die Senkung der Fehleranzahl durch Geschäftsprozesse (24 %).

Welche Möglichkeiten zur Prozessautomatisierung gibt es?

Die letzten Jahre haben der Thematik Prozessautomatisierung einen regelrechten Hype beschert. Vor allem der Begriff Robotic Process Automation (RPA) ist dabei in aller Munde. Bei RPA werden einzelne Aufgaben in Prozessen oder auch kurze Sequenzen von Aufgaben von Robotern, konkret: von Makros oder Software-Bots übernommen. Diese simulieren oft das Verhalten eines Menschen in einem Computer-gestützten Prozess, und führen hochgradig wiederholbare, hochfrequente und oft kleinteilige Tätigkeiten aus. Dies erlaubt auf „unterster“ Ebene der Prozessarchitektur zu optimieren. Das Delegieren einzelner Prozessschritte an Bots schafft dabei freie Kapazitäten, hat aber Grenzen in der Automatisierung.

Schon deutlich länger und sehr breit etabliert sind natürlich ERP-Systeme. Sie bilden seit vielen Jahren und Jahrzehnten einen wesentlichen Teil der IT-Landschaft vieler Unternehmen und unterstützen die Ausführung von Prozessen in Bereichen wie Rechnungswesen, Materialwirtschaft, Beschaffungswesen etc. Trotz des hohen Nutzens, den sie oftmals stiften, sind ERP-Systeme nicht frei von Kritik. Hohe Beschaffungs- und Implementierungskosten, eine steile Lernkurve für Nutzer:innen und hohe Kosten für die laufenden Anpassungen von ERP-Systemen, v.a. bei Prozessänderungen, nehmen ERP-Systemen den Glanz, den sie anfangs oft verbreiten.

Welche Prozesse eignen sich am besten für die Automatisierung?

V.a. Unterstützungsprozesse, die sich in praktisch jeder Branche finden und das jeweilige Kerngeschäft des Unternehmens optimal unterstützen sollen, werden oft mit Spreadsheets, Checklisten bzw. unzähligen E-Mails abgewickelt und bringen daher oft eine Vielzahl an Problemen mit sich. Nicht bzw. mangelhaft dokumentierte, intransparente und fehleranfällige Unterstützungsprozesse, in denen oftmals die Verantwortlichkeiten unklar sind und somit einzelne Aufgaben gut und gerne liegen gelassen werden, führen zu hohen Wartezeiten, Rückflüssen und Prozessschleifen, und münden in endlosen Durchlaufzeiten und Frustration aller Beteiligter. Zu alledem sind sie folglich auch nicht nachvollziehbar, was in manchen Bereichen Probleme beim Nachweis der Compliance mit bestimmten Vorgaben mit sich bringt.

Es handelt sich dabei oftmals um Prozesse in den Bereichen Marketing, HR, Reporting, IT, Legal bzw. Compliance oder auch einfach um bestimmte Typen von Prozessen wie z.B. Antragsprozesse, die – aus diversen Gründen – nicht ihren Weg in ein allfällig vorhandenes ERP-System gefunden haben, und dennoch von den Vorzügen von Prozessautomatisierung profitieren könnten. Formularbasierte bzw. No Code/Low Code-Überlegungen „beflügeln“ die Überlegungen zur Automatisierung solcher Prozesse, da deren Umsetzung oft ähnlich RPA ohne bzw. mit nur geringer Involvierung der IT erfolgen kann, und dennoch bessere Erfolge erzielt werden können.

Doch wie sollten Unternehmen vorgehen, um diese Art der Prozesse zu automatisieren, und wie können mit beschränkten Ressourcen maximale Ergebnisse aus der Prozessautomatisierung erzielt werden?

Prozessautomatisierung in sieben Schritten. Ein Vorgehensmodell

Am besten beschreiben lässt sich das Vorgehensmodell zur Prozessautomatisierung anhand der nachfolgenden 7 Schritte:

  1. Identifizieren Sie Automatisierungspotenziale: Analysieren Sie Ihr Prozessportfolio auf Potenziale zur Automatisierung, z.B. auf Basis der Art der Prozesse und nach definierten Prozesseigenschaften wie Komplexität, Häufigkeit der Durchführung, Standardisierungsgrad etc. Viele Unternehmen profitieren hierbei von einer vorhandenen, gut auswertbaren Prozessdokumentation. Je detaillierter diese ausgestaltet ist, desto besser können weitere Parameter in die Auswahl zu automatisierender Prozesse einbezogen werden, wie bspw. involvierte Systeme, Risiken sowie Abhängigkeiten bzw. Impact auf vor- bzw. nachgelagerte Prozesse.
  2. Prozessanalyse und Optimierung: Bevor Sie voller Tatendrang in die Automatisierung starten, nehmen Sie sich ausreichend Zeit den oder die ausgewählten Prozesse gründlich zu analysieren und beheben Sie grobe Schwächen umgehend. Automatisieren Sie einen ineffizienten, fehlerhaften Prozess, so wird dieser auch nach der Automatisierung fehlerhaft bzw. ineffizient bleiben, ggf. werden diese Effekte dann sogar verstärkt. Führen Sie mit dem optimierten Prozess eine grobe Kosten-Nutzen-Analyse zwischen automatisiertem SOLL-Prozesses und aktuellem IST-Prozess durch. Eine Prozesssimulation im Hinblick auf Zeiten und Kosten kann hier sehr hilfreich sein, um Einsparungspotenziale zu ermitteln, den Kosten des Automatisierungsprojekts gegenüberzustellen und somit einen ROI zu ermitteln.
  3. Erstellung des ausführbaren Prozesses: Überführen Sie den fachlich optimierten Prozess in einen Workflow-Graphen, der die Ausführungslogik widerspiegelt. Dieser ist zumeist um rein manuelle Aktivitäten oder Entscheidungen bereinigt und um neue Aufgaben bzw. Events zur Ausführung erweitert. In weiterer Folge reichern Sie diesen Workflow-Graphen mit technischen Informationen zur Ausführung der einzelnen Schritte an und erzeugen so den letztlich ausführbaren Execution-Graph. Die notwendigen Anreicherungen unterscheiden sich hier je nach gewählter Automatisierungsplattform und notwendiger Integration mit umliegenden Systemen. Einfache Aufgaben können in der Regel ohne Programmierkenntnisse direkt umgesetzt werden.
  4. Erstellung benötigter Formulare/Eingabemasken: Parallel zur Erstellung des ausführbaren Prozesses kann mit dem Formular-Design begonnen werden. Früh mit dem Design der Formulare zu beginnen ist oft sogar empfehlenswert, um in Manier eines Rapid Prototypings wechselseitige Verbesserungen an Workflow-Graph und Formularen vornehmen zu können. Darüber hinaus erlaubt das frühe Erstellen der Formulare auch erste Validierungen mit End-Usern, was sowohl die Prozessqualität als auch dessen Akzeptanz üblicherweise stark steigert.
  5. Vorbereiten des Rollouts: Holen Sie im Rahmen des Rollouts bzw. vorbereitend darauf die fachlichen Freigaben für den neuen Prozess ein, informieren Sie die Mitarbeiter:innen über den neuen Prozess und schulen Sie diese ein, und stellen Sie sicher, dass alle technischen Aufgaben für ein erfolgreiches Change Management und Go-Live umgesetzt sind.
  6. Prozess ausführen: Geschafft! Der neue Prozess ist für die Mitarbeiter:innen verfügbar und wird workflow-unterstützt ausgeführt. Entscheiden Sie, ob Sie den automatisierten Prozess gleich allen Betroffenen zur Verfügung stellen, oder ob dieser in einer ersten Phase in einem kleineren Rahmen produktiv „verprobt“ wird, um erste praktische Erkenntnisse zu gewinnen.
  7. Monitoring: Überwachen Sie KPIs, die im Rahmen der Ziele des Projekts und der Kosten-Nutzen-Überlegung eine Rolle gespielt haben. Beachten Sie vor allem gerade in der Frühphase des neu automatisierten Prozesses die Qualität der Prozessdurchführung, im Speziellen wie oft ad-hoc Tätigkeiten ergänzt oder alternative Prozesspfade eingeschlagen werden. Durch diese Beobachtungen kann das Design des Prozesses verifiziert werden, um im Bedarfsfall Anpassungen vorzunehmen. Grundsätzlich dienen alle Monitoring-Erkenntnisse als Basis für Rückschlüsse für zukünftige Prozessverbesserungen.

Sie haben eine Meinung zu diesem Thema oder wollen sich selbst als Experte einbringen? Nur zu!

Nutzen Sie unser Portal aktiv um Aufmerksamkeit für Ihr Unternehmen und Ihre Dienstleistung zu schaffen. Sie positionieren sich als Experte, geben Ihr Fachwissen weiter und können per Interview oder Fachartikel auf aktuelle Trends und Themen hinweisen und einen direkten Zugang zu 20.000 Lesern Ihrer Zielgruppe erreichen.

Schicken Sie uns eine kurze Mail an info@der-prozessmanager.de und teilen Sie uns Ihre Idee zum Artikel mit.

Andere Leser haben sich zusätzlich folgende Artikel angesehen: