DER PROZESSMANAGER: Sie sind Business Process Manager bei der HPBO in Lippstadt, ein weltweit vertretener Automobilzulieferer für Frontend-Module. Ihre berufliche Laufbahn begannen Sie jedoch als Auszubildende im Groß- und Außenhandel.

Wie kam es zu dieser Umorientierung? Welche Personen haben Sie hierbei inspiriert oder gar beeinflusst?

Vivian Buslowski: Es war eher ein langsamer Entwicklungsprozess, als eine kurzfristige Umorientierung.

Nach meinem Abitur hatte ich erst einmal keine Motivation, ein Studium zu beginnen, wie es der Großteil meiner Mitschüler tat. Ich hatte Lust, etwas Praktisches zu machen und so lag der Beginn einer Ausbildung nah. Diese hat mir sehr viel Spaß gemacht. Ich merkte jedoch, dass ich noch weiter machen wollte und so entschied ich mich für ein Studium zur Wirtschaftsingenieurin.

In diesem habe ich im Rahmen von Industrieprojekten und meiner Abschlussarbeit erstmalig mit der Aufnahme, Analyse und Umgestaltung von Unternehmensprozessen Erfahrung gesammelt. Ich wurde mir dabei bewusst, dass selbst kleine Optimierungen von Unternehmensprozessen zu großen Vorteilen (Zeitersparnis, Kosten, etc.) eines Unternehmens führen können. Als ich dann die Stellenausschreibung von der HBPO GmbH für einen Prozessmanager sah, musste ich nicht lange überlegen und bewarb mich. Ermutigt und unterstützt hat mich in der ganzen Zeit meine Familie und mein Mann. Diese gaben mir guten Rat, wenn ich einmal in einer Situation unentschlossen war.

DER PROZESSMANAGER: In den vergangenen Jahren haben Sie ein organisationsweites Prozessmanagement aufgebaut und fest in das Qualitäts-Management-System Ihres Unternehmens etabliert.

Mit welchen Herausforderungen werden Sie tagtäglich konfrontiert?

Vivian Buslowski: Ein Prozessmanagement zu etablieren heißt, die relevanten Unternehmensprozesse zu identifizieren, transparent abzubilden und die jeweiligen Prozessbeteiligten mit zu involvieren.

Die ersten Herausforderungen hierbei waren für mich, die Prozessschritte jeder Fachabteilung zu identifizieren und diese im Gesamtbild mit allen Schnittstellen abzubilden. Jeder Fachbereich wusste zwar im Detail, was seine Aktivitäten sind, aber welche Abteilung mit diesen Arbeitsergebnissen weiterarbeitet und was genau dann damit passiert, war nicht bewusst. Dabei war es auch wichtig, den Kollegen bewusst zu machen, dass das Prozessmanagement nicht eine Befriedigung der Norm ist, sondern für ihre Arbeit selbst von Vorteil sein kann.

Heute ist das Prozessmanagement ein fester Bestandteil im Unternehmen und wir sind nun dabei, in kleinen Schritten unsere Prozesse zu verbessern. Hierbei werden die Aktivitäten nicht nur durch mich gestartet, sondern die Fachbereiche selbst kommen auf mich zu und haben Ideen, wie die Aktivitäten und Schnittstellen verbessert werden können.

Es gibt über 60 verschiedene IT-Lösungen. – Wie wurde die passende Software für ihr Unternehmen ausgewählt?

Vivian Buslowski: Bei der Wahl der IT-Lösung befinden wir uns gerade in einer Umstellung auf eine neue Software.

Als das Prozessmanagement bei HBPO im Jahr 2014 begann, haben wir uns für eine eigene Softwarelösung entschieden. Wir benutzen intern das SharePoint von Microsoft. Unser Prozessportal sollte dort vollständig integriert sein. Ein SharePoint-Programmierer bot auf Basis von Visio und SharePoint ein 100% integriertes Prozessportal an. Wir haben zusammen mit diesem Anbieter ein individuelles Prozessportal entwickelt und weltweit ausgerollt. Leider mussten wir in den letzten Jahren feststellen, dass diese sehr individuelle Programmierung, die umfangreiche Prozessdokumentation und das SharePoint in der Microsoft Cloud, nicht mehr unseren Anforderungen gerecht werden.

Nun haben wir uns dazu entschieden, eine neue Softwarelösung zu suchen und einzuführen. Hier befinden wir uns noch mitten in der Recherche- und Auswahlphase. Doch eins ist sicher: Hier werden wir uns die nötige Zeit nehmen, um die für uns richtige Lösung zu finden. Ein System einfach „überstülpen“ oder Kompromisse einzugehen, kommt an dieser Stelle für uns nicht in Frage.

Welche Managementmethoden und Tools nutzen Sie zur Unterstützung des Prozessmanagements und warum?

Vivian Buslowski: Der Aufbau und die Implementierung eines weltweiten Prozessmanagements war anfangs meine Hauptaufgabe. Hierzu stand die Prozessidentifikation im Fokus. Durch Experteninterviews, interdisziplinären Prozessworkshops und abschließenden Prozessfreigaben entstand eine ganzheitliche, fachbereichsübergreifende Prozessdokumentation.

Nun bin ich an dem Punkt, an dem die Prozesse kontinuierlich verbessert und optimiert werden sollen. Hierzu finden zum einen die Vorgehensweisen und Prinzipien des Lean Managements, als auch das Business Process Reengineering Anwendung.

Zur Visualisierung und Durchführung der Workshops arbeite ich primär mit Microsoft Visio und Checklisten in Excel. Die Normanforderungen der IATF 16949: 2015 sowie der VDA Band 6.3 haben ebenso einen großen Einfluss auf meine Arbeit. Beispielsweise werden Prozesse in einem sog. Assessment angelehnt an die VDA 6.3 Systematik auditiert und bewertet. Dies ermöglicht eine gleichbleibende und somit vergleichbare Möglichkeit, die Prozesse und ihre Entwicklung zu bewerten.

Was sind Ihre persönlichen Ziele für die kommenden 12 Monate?

Vivian Buslowski: Neben den kontinuierlichen Prozessverbesserungen habe ich noch folgende große Themen, die ich in diesem Jahr angehen möchte.

Ich möchte nicht nur eine neue Softwarelösung ausgewählt, sondern auch weltweit eingeführt haben. Hierzu sollen auch die bestehenden Prozessbeschreibungen in die neue Software migriert und die Mitarbeiter geschult werden.

Weiterhin möchte ich mich in den Themen „Prozess Assessments“ und „Prozessreifegrad“ weiter einarbeiten und diese im Unternehmen ausbauen. Die meisten Prozesse bei HBPO sind beschrieben und nun gilt es als neue Herausforderung, diese zu messen und den Reifegrad zu verbessern.

Zum Unternehmen:

HBPO GmbH, Lippstadt: HBPO ist als einziges Unternehmen weltweit auf die Entwicklung, Konstruktion, Montage und Logistik komplexer Frontend-Module – das Gesicht des Fahrzeugs – spezialisiert. Der Umsatz des Weltmarktführers lag im Jahr 2018 bei 1,97 Milliarden Euro. HBPO beschäftigt weltweit über 2.400 Mitarbeiter, die zurzeit an über 30 Standorten – davon acht Entwicklungsbüros – in Europa, Nordamerika und Asien über 5,6 Millionen Frontend-Module pro Jahr montieren.

HBPO ist ein Joint Venture, das zu zwei Dritteln von Plastic Omnium und einem Drittel von der Hella GmbH & Co. KGaA gehalten wird.